Tja, wie soll man das beschreiben... Man stelle sich eine beliebige mittelgroße deutsche Stadt mit um die 200.000 Einwohnern vor. Dann stelle man sich vor, die gesamte deutsche Bevölkerung würde im Laufe von drei Monaten dort hin pilgern, zu Fuß, mit dem Auto, mit dem Bus oder Zug, mit einem Ochsen, mit Kind und Kegel. An manchen Tagen, wie hier dem 14. April, kämen gleichzeitig zumindest alle Einwohner der drei größten deutschen Städte. Kann man sich das vorstellen? Nein, kann man nicht. Aber genau das passiert hier.
Unter den Millionen sind sie zu Tausenden: Sadhus. Heilige und Scheinheilige aus dem ganzen Land. Die echten Asketen kommen nackt oder allenfalls mit einem Lendentuch, aus ihren Höhlen im Himalaya. Zurück in unsere mittelgroße deutsche Stadt: tausende Bärtige, mit nichts als Asche am Leib, Schwerter und Dreizacke schwingend in der Fußgängerzone, was für eine Vorstellung. So viele Gummizellen haben wir im ganzen Land nicht. Hier ist das normal, zumindest fast. Ausgerechnet im puritanischen, man könnte fast sagen verklemmten, Indien darf der anerkannte Heilige das: nackt herumlaufen, Haschisch rauchen und dabei Segen spenden. Alle anderen dürfen das nicht und müssen sich - das kennen wir doch auch? - von ihren Sünden reinwaschen. Nichts ist dazu so geeignet wie das Bad im Ganges zum Kumbh Mela. Und so geschieht es hier Tag und Nacht, ab zum Fluss, Untertauchen, Platz machen für die nächsten.
Der Glaube macht stark, erst recht wenn er mit Millionen geteilt wird. Was stören da noch Hitze, Enge, Staub und alle misslichen Umstände, die so eine Veranstaltung mit sich bringt. Vom Fluss der Sünden wegwäscht halten wir uns fern. Als Nicht-Hindu ist das sicher besser, zumal die Wasserqualität dem Augenschein nach nicht überzeugt. Dafür tauchen wir in den Fluss der Menschen und lassen uns treiben, willentlich und notgedrungen. In den Zeltstaedten der Sadhus suchen sie Rat, wir das Motiv und alle sind gleichermassen willkommen.
Hoechst beeindruckend haben wir hier wieder erlebt, wie aufgeschlossen viele Menschen sind. "Thank you for visiting my country!" Schallt es uns freudestrahlend entgegen, waehrend der aeltere Mann Bananen und Trauben vom naechsten Obststand zu besorgen - um sie uns zu schenken. Mit den dazukommenden Sadhus und den von Christian mitgebrachtem Kermit gab es dann lustigen Zeitvertreib:
Oft ergaben sich aehnliche Situationen, mussten wir begeisterte Mensche auf deren Wunsch hin ablichten, fuehrten wir angenehme Gespraeche. Am Haupttempel, der erst ab dem 15. April ueberhaupt wieder fuer Auslaender zugaenglich war, kamen wir auch ins Plaudern mit einer Gruppe Badender. Kurz darauf besorgte Nachfrage anderer vorbeikommender: "is there any problem? Can we help?" Nein, aber alleine diese Aufmerksamkeit und Sorge um den Gast beruehrt uns.
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