Freitag, 28. September 2012

Gemütliches Taschkent

Reichlich verspätet hebt die Boing der Usbekistan Air aus alten US-Beständen in Frankfurt ab. An Bord geschätzte zehn Usbeken und 190 deutsche Reisegruppenteilnehmer. Hochsaison für Studienreisende, hoffen wir das die schönen Gegenden nicht überflutet werden von Besichtigungswilligen. Das Unterhaltungsprogramm an Bord könnte man sehr wohlwollend als spärlich bezeichnen. Das lustigste war noch, das die vor mir sitzende das Tütchen Erdnüsse empört an das Servicepersonal zurückgab, die seien schlecht. Das "Mindesthaltbarkeitsdatum" war in der Tat eine Woche überschritten, "die dürfen uns doch hier kein abgelaufenes Zeug servieren!".Ich hatte meine schon auf und bin gerade nochmal an einer wahrscheinlich tödlichen Erdnussvergiftung vorbeigeschrammt, uff.

Die Einreise gestaltete sich eher aufwändig. Der Abgleich Gruppenvisum - Teilnehmer nahm erhebliche Zeit in Anspruch und nach gefühlt Stunden hatte ich dann als letzter auch eine hübschen neonorangen Stempel im Pass. Dass war allerdings nur die Eintrittskarte zur nächsten Warteschlange. Die akribisch auszufüllende Zollerklärung wurde ebenso akribsch kontrolliert, Gepäck geröntgt, alles abgestempelt. Der Beamte bewegte sich dabei so rasant, dass man ihm während der Arbeit locker sein Hemd hätte bügeln können. So erreichen wir erst gegen Mitternacht das pompöse Taschkent Palace, Wunschhotel aller Reisegruppen. Ein wohlschmeckendes Nachtmahl wird wenigstens noch gereicht und dazu kann lauwarmes Bier für schlappe fünf Euro verköstigt werden. Begeisterug sieht anders aus, es schläft sich aber angenehm.

Schaschliks mag der Usbeke
Heute morgen frühstückt auch eine indische Reisegesellschaft auf der Terrasse des Hauses. Ein Inder lässt sich traditionelle morgendliche Bad nicht nehmen, legt noch am Frühstückstisch seine Klamotten ab und taucht in Unterhose in den Pool. Ich liebe sie, Inder sind einmalig. Dann geht es los zur Stadtbesichtigung. Per buss und Fuss lassen sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten - und das sind so viele nicht - bequem abklappern. Interessant ist der letzte erhaltene "Ur-Koran" aus dem 7. Jahrhundert, der hier in Taschkent aufbewahrt wird. Geschrieben auf Gazellenlder mit einer Mischung aus Russ und Blut lässt sich das heute noch gut lesen (sofern man Kufi beherrscht).

Allerlei Zeug auf dem Markt
Stachelige Dinger, an denen man bei Erkältung riechen soll. Aha.
Die Stadt ist weitläufig, sehr grün und sehr ruhig. Wenige Autos sind auf den breiten Straßen unterwegs, Mopeds gibt es auch noch nicht bekannten Gründen gar keine. Alles wirkt gemächlich, kein Gehupe und Geschreie, entspannte Hauptstadt mit immerhin 2,5 Millionen Einwohnern. Die kommen als Frau meist buntgekleidet daher, russisch-sowjetischer Einschlag ist unübersehbar. Man sieht auf Anhieb nicht, dass es sich um ein zu 99% muslimisches Land handelt, noch nicht mal Muezzine sind zu hören. Die Menschen machen einen umgänglichen Eindruck, auch wenn der Umgang sprachlich bedingt nicht so einfach ist. Rudimentäres Englisch ist fast nur den im Tourismusgewerbe tätigen zu entlocken. Mit Händen und Füßen geht es natürlich und mein Fotografierwillen stösst selten auf Ablehnung, schön.

Streng schaut der Iman
Nachmittags ist kein Programm. Während sich die Gruppe zum Hotel trollt und dort noch mittagessen will, bleibe ich am Chorsu-Basar, unserem letzten Besichtigungspunkt. Da lohnt es sich einfach, mehr Zeit zu investieren und die ganzen Basarstraßen und Hallen zu durchwandern. Während draußen hauptsächlich unnützer Krimskrams angeboten wird, ist drinnen das Reich der Lebensmittelhändler. Ich komme mit einem jungen Mann ins Gespräch, der zum einen professionell Fußball spielt, zum anderen Deutsch lernt beim Goethe-Institut. Das macht er seit einem Jahr und ist froh über jede Gelegenheit zur praktischen Anwendung seiner Sprachkunst. Ich kann nur feststellen, er spricht sehr gut und die Gelegenheit zur Kommunikation biete ich ihm gerne. So verbringen wir eine ganze Weile gmeinsam auf dem Markt, ich korrigiere sein Deutsch und lehre ihn neue Wörter, er erzählt eine Menge über sein Leben in Usbekistan. Ich mutmaßte erst, dass ganze würde ein Geldwechselversuchen oder anderen geschäftlichen Anliegen gipfeln, tat es aber nicht. So eregab sich eine echte win-win-Situation. Gemeinsam bestiegen wir noch einen Aussichtsturm und kehren in eine Teestube ein, wo neben dem Getränk wohlschmeckende Blätterteigtaschen mit Hackfleisch gereicht wurden.

Voluminöse Haarschleifen, wenn man's tragen kann.
Auf den Rückweg machte ich mich per U-Bahn, der einzigen in ganz Zentralasien und Stoltz der Taschekenter. Am Eingang Polizeikontrolle, alle Taschen wurden gecheckt. Meine nicht, dafür wurde mein Pass verlangt. "Wo ist das Visum?" - "Gruppenvisum." "Wo ist die Gruppe?" - "Keine Ahnung, hier nicht." "Sie dürfen nicht ohne Gruppe uterwegs sein!" - "Ach was?! Da habe ich anderes gehört, no problem!". Es war dann aber doch ein Problem, mir wurde bedeutet, dass müsse "im Computer" überprüft werden. ALs Teilnehmer der vielgelobten usbekischen Polizeiwillkür darf ich also in einen Kabuff folgen und irgenwer wir angerufen. Meine Heimatadresse muss dann in eine Kladde eingetragen werden, wir spielen noch eine Weile Frage und Antwort. Mir dämmert schon, dass diese Aktion zu einem polizeilichen Bereicherungsversuch ausarten könnte. Da spassiert aber nicht. Irgendwann bekomme ich den Pass zurück, man entschuldigt sich gar für die entstandenen Umstände und wünscht eine gute Fahrt. Geht doch.

Die U-Bahn-Stationen sind auch bischen den Palästen für's Volk in Russland nachempfunden, recht hübsch. Fotografieren ist allerdings streng verboten. Trotz Umsteigen und rein kyrilischer Beschriftung aller Schilder bin ich zügig wieder in der Nähe des Hotels. Im nahegelegenen Park lässt sich noch ein Getränk bestellen und die Sonne genießen, mit Blick auf das Parlamant (glaube ich zumindest). Hier herrschen optimale Bedingungen, blauer Himmel bei knapp 30°, das mag man.

Samstag, 1. September 2012

In die Wüste geschickt

Ende September mache ich mich auf den Weg nach Usbekistan, ins Zentrum der historischen Seidenstraße. Von der Hauptstadt Taschkent soll zu zu den Oasenstädten Samarkand, Buchara und Xiva gehen, die zur Blütezeit der Seidenstraße mit prächtigen Bauwerken geprägt wurden. Das sollte recht sehenswert sein. Einen großen Teil des Landes bedeckt die Wüste Kysylkum, die schon alleine des Namens wegen mal besuchen möchte.

Ungewöhnlicher Weise werde ich diese Tour als Gruppenreise unternehmen. Man muss ja nicht immer alleine herumfahren und das macht die Organisation in diesem Fall sehr entspannt, zumal ich mit der Landessprache dort nicht so vertraut bin. Ich bin gespannt, wie dort der Kontakt zum einheimischen Volk dennoch möglich sein wird.

Wie gewohnt besteht die Absicht, hier regelmäßig von unterwegs zu berichten. Ob das gelingt, steht in den Sternen, die Internetversorgung könnte problematisch werden.