Freitag, 16. September 2011

Marathon-Mann

Kein Wunder, dass dieser Film ausgerechnet hier gedreht wurde. Denn New York muss erlaufen werden und die 42 komma x Kilometer hat man glaube ich schnell zusammen. Mein vage anvisiertes Programm - hier noch mal längs, dies könnte interessant sein, das einen Abstecher lohnen - würde bei genauerer Betrachtung, die ich nun vornehmen kann, eher einen Monat erfordern. In den paar Tagen ist das nicht zu machen.

Mein heutiger Dauerlauf führte dann auch auf den Spuren von Dustin Hofmann um den Teich im Central Park, den ich sowie gerade durchqueren musste. Doch, ganz schön groß (aber ob der mit unserem Grüngürtel mithalten kann, ich weiß es nicht). Schön ist es dort, Bäume, Spaziergänger, Jogger, Hunde, Teiche, alles was man an Ruheprogramm braucht in einer Millionenstadt. Nur einen Grill habe ich nicht gesehen, das wäre bei vergleichbarem Wetter in Köln anders. Hier wird's denke ich verboten sein.

Die Kehrseite von "Imagine" - also quasi "Forget" - auf den Erdbeerfeldern
A propos verboten, das trifft hierzulande schon auf einiges zu, auch wenn viele Erzählungen darüber zur Übertreibung neigen. Im Grunde geht das doch alles recht entspannt zu. Interessant ist aber die Angewohnheit, für alles und jedes direkt eine Bedienungsanleitung  erklärende  mitzuliefern, als hätte man es in diesem Land nur mir Vollidioten zu tun ("Achtung - Kaffee ist heiß!). Ein Schmankerl in dieser Hinsicht fand ich heute:

Endlich erklärt: die geheime Funktion der Ampel
Was gab es noch ... im Guggenheim Museum war ich kurz, nur in der Halle, weniger wegen des Eintritts als wegen der Zeitnot. Die Architektur konnte ich mir auch so ansehen, und die interessierte mich primär. Kunst hatte ich ohnehin noch in East-Harlem, wo allerlei Grafitti anzusehen ist. Im westlichen, ehemals "scharzen" Harlem, war ich auch noch kurz, ein Highlight ist das aber nicht gerade.

Bewohner von Harlem pflegen einen Hang zu dezenten Farben bei der Garderobe
Da der Tag nur zwölf helle Stunden hat, schnell weiter. Beim ehemaligen WTC war ich und habe den Neubau (ein Teil steht schon) hinter dem Bauzaun gesehen. Das neue 9/11 Memorial ist seit dieser Woche eröffnet, das hätte ich wohl gerne gesehen. Die Fundamente der beiden Türme sind nun Wasserbecken, rundherum ein Park, auf Bildern sieht das gut aus. Leider muss man sich vorher ein Ticket besorgen, zwar kostenlos, aber mit einer Vorlaufzeit von aktuell etwa zwei Wochen. Im Büro des Memorials sind morgens auch einige wenige Tickets für den aktuellen Tag zu bekommen, dazu braucht man aber Glück und ich werde mir den Aufwand wohl morgen nicht noch einmal antun.

Ein Gang durch die Wallstreet ist eher unspektakulär. Irritiert haben mich hier nur die Touristenmassen, die sich auf dieser Straße tummeln, auf der es eigentlich nichts zu sehen gibt. Es ist eher ein Sträßchen mit Fassaden wie überall, nur an einer steht "Stock Exchange". Für mich lag es auf dem Weg zum Fährhafen an der Südspitze. Von dort setzt man kostenlos mit der Fähre nach Staten Island (sprich nicht "Stäiten Eiländ", sondern "Stätten Oiland") übersetzt. Da will eigentlich niemand hin, aber der Blick auf die Stadt ist natürlich klasse, wenn auch heute leider sehr eingetrübt. Interessant wäre natürlich auf Staten Island ein Fleckchen namens "Fresh Kills", die ehemals größte Mülldeponie der Welt. Heute lässt man Gras drüber wachsen und macht einen riesigen Park daraus.

Diese Figur muss wenigstens im Vorüberfahren obligatorisch abgelichtet werden.

Donnerstag, 15. September 2011

Er lebt!

Gestern Abend bin ich noch über den Times-Square geschlendert. Das ist diese mit Neonreklame extrem verseuchte Straßenkreuzung, die wohl den beliebtesten Platz auf der Skala touritischer Begehrlichkeiten einnimmt. Farblich ist das ganze schon schön gestaltet, man muss sich halt nur vor Augen führen, dass man hier von allen Seiten mit Werbung zugeballert wird und dabei wahrscheinlich stündlich soviel Energie benötigt wird, wie eine Kleinstadt jährlich verbraucht. Dafür kann man auch nachts noch ohne Blitz fotografieren ;-)

Früher war diese Gegend arg verrufen. Pronokinos, Drogendealer und Straßenräuber sollen hier noch bis in die 90er herumgelungert haben. Heute undenkbar. Die Chance, hier Verbrechensopfer zu werden, dürfte angesichts der geballt präsenten Staatsmacht gegen null tendieren.

Auch Pferde wirken abschreckend auf Kleinkriminelle.
Und außerdem, er lebt! Er hat nur etwas abgenommen und hockt heute am Times Square, um sich mit alten Damen im Arm ablichten zu lassen:


 An schrägen Vögeln herrscht in dieser Stadt ohnedies kein Mangel. Wer hier auffallen will, hat's nicht leicht.
 Da muss man sich schon gebärden wie Hans Dampf in allen Gassen.


Das heutige Tagesprogramm schloß untern anderem zwei Besuche des "Top of the Rock" ein. Diese Aussichtsplattform in dreihundertirgendwas Metern Höhe, auf dem Dach des höchsten Teils des Rockefeller-Center, bietet den großartigsten Blick, den man in New York für Geld (viel Geld) kaufen kann.

Die Erde ist eine Kugel. New York glaube ich auch.
Klasse ist auch der Aufzug, der einen begleitet von einer Multimedia-Lightshow in der gläserenen Decke der Kabine affenartig schnell hoch katapultiert. Heute Abend war ich dann nochmal oben und hatte ein Riesenglück. Nachmittags hat es eine ganze Weile geregnet. Heute Abend war es immer noch grau-in-grau bewölkt und tröpfelte ab und an. Dazu war es vor allem oben auf dem Turm extrem windig und unerwartet eiskalt. Wo bleibt das Glück? Richtig, nach so einem Regen ist die Luft klar und die Fernsicht war wesentlich besser, als alles, was ich hier bisher gesehen habe. Dann riss auch noch pünktlich bei Sonnenuntergang der Himmel am westlichen Horizont kurz auf und die ganze Stadt wurde in goldenes Seitenlicht gebadet. Für so ein Licht dankt der Fotograf allen Göttern und vergisst schlagartig Kälte und Regen. Ich hoffe, in den Bildergebnissen schlägt sich das nieder (sowas packe ich hier aber nicht auf die Schnelle rein).

Mein Hotel liegt wirklich sehr günstig. Alle U-Bahnen, die man ab und an braucht, fahren um die Ecke. Im Null Komma Nichts läuft man zum Empire State Building oder zum Times Square. Und: um die Ecke ist Little Korea. Hinter dem Broadway heißt die 32. Straße auch "Koreaway" und ein Grillrestaurant reiht sich ans nächste. Statt amerikanischem Fastfood ließ ich mir deshalb heute abend ein Bulgogi servieren (für Uneingeweihte: hauchdünn geschnittene und marinierte Rindfleischstreifen, am Tisch gegrillt), dazu bog sich der Tishc unter einem duzend Schälchen Kim Chi (für Uneingeweihte: das ist eingelegtes Gemüse aller Art, von mild über sauer bis sau-scharf, es gibt hunderte verscheidene Kim Chi).

Mittwoch, 14. September 2011

East River kreuz und quer

Heute habe ich mir einen Brückentag genommen. Angefangen hat der mit der Brooklyn Brigde, auf der ich schon etwa drei Stunden zugebracht habe, inklusive der Flußüberquerung, die auch nicht mal eben zu erledigen ist. Bei feuchten 30° eine recht schweißtreibende Aktion in praller Sonne, da nahm man die Getränkeverkäufer auf der Brückenmitte dankbar zur Kenntnis. Lebensgefährlich kann hier schnell das Betreten der falschen Weghälfte sein, Radfahrer schreien allenfalls, bremsen aber eher selten.




Anderenseits bin ich ein wenig durch Brooklyn spaziert, insbesondere durch Dumbo ("down under Manhatten-Bridge overfly"), also das Viertel unter der Brücke. Früher schmuddelige Lagerhäuser, heute angesagte Galerien und lecker Essen.

Über die Manhatten Bridge ging es zurück. Leider ließ dirt die Aussicht zu wünschen übrig. Nur die "falsche" Seite war wegen Bauarbeiten für Fußgänger nutzbar und außerdem ist alles schwer eingezäunt. Nach mehreren Kilometern auf Brücken erreiche ich Chinatown. Dort ist es schlimmer als in Frankreich, denn kaum wer spricht englisch, wie ich bei der Befragung zahlreicher Passanten feststellen musste. Dieser Vorzeige-Vietnamese war einer der Sprachkundigen:


Ganz sehenswert ist das Viertel ja. Ich kaufte Ingwerbonbons und entdeckt ein dem Laden verschiedene Sorten Abalone, das (amerikanische) Pfund zu Preisen bis über 2.000 Dollar, so gut kann das gar nicht schmecken.

U-Bahnfahren hat Vorteile, es schont die Füße und sorgt außerdem für musikalische Erlebnisse, so hier an "meiner" Station:

Dienstag, 13. September 2011

Der New Yorker an sich

Noch ein paar Eindrücke nach meinem heutigen gefühlten Halbmarathon. Wenn ich das gewollt hätte - den ganzen Tag Herumlaufen mit einen schweren Sack auf dem Rücken - hätte ich eigentlich gleich zur Bundeswehr gehen können. Ja, die Stadt ist im wahrsten Sinne weit-läufig. Trotz vorschnell erworbener Wochenkarte habe ich die U-Bahn erst einmal benutzt, aber das kommt schon noch.


Früher Fotograf fängt nicht den Wurm, sondern den Dunst. Die Idee, früh morgens das Empire-State-Building zu besuchen, war mäßig gut. Die Lichtverhältnisse waren, sagen wir mal, interessant. Mit dem Licht ist es hier aber ohnehin so eine Sache. Bis man von der Sonne etwas sieht, ist sie schon zu grell, die Straßen sind sowieso nur zeitweise etwas ausgeleuchtet und sonst im Schatten, meist passt es genau nicht. Hier zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein, ist höchst problematisch. Zumal man ja nicht den ganzen Tag Zeit hat, auf das richtige Licht zu warten. Mal sehen, was so daraus wird in den nächsten Tagen.

Wenigstens hat das ESB einen ganz gepflegten Eingangsbereich:


Was heute noch alles auffiel ... Die Stadt ist definitiv mehr als teurer. Selbst Fastfood in Form pappiger Pizzastücke ist nicht gerade geschenkt zu bekommen. Ein Bier, welches ich heute in Nähe der Grand Central Station im Straßencafé trank (draußen, Alkohol! Und man durfte dort Rauchen!!) wurde im Plastikbecher (!) serviert und schlug inklusive Steuer und Trinkgeld mit schlappen neun Dollar (!!) zu Buche. Wenn das mal nicht deutlich gewagter ist als Kölner Becherpreise zu Rosenmontag. Der frisch zubereitete Ananas-Papaya-Petersilie (!) - Saft, mit dem ich später die Lebensgeister reanimieren wollte, war wengistens schon für fünf Dollar mein eigen. Und jetzt hocke ich schon wieder bei Starbucks und trinke überteuerten Eiskaffee. Aber was für den Laden spricht ist das W-Lan, außerdem haben die über 600 Filialen in Manhatten, also quasi sind sie unausweichlich.

Der New Yorker an sich ist ein angenehmer Zeitgenosse. DEs öfteren wird man unverhofft vermeindlich ruppig angeraunzt, was aber nur an der hier typischen Betonung der englischartigen Sprache liegt. Man wird gar nicht zurechtgewiesen, sondern zu einem unverbindlichen Smalltalk eingeladen, erzählt sich kurz dies und das und verabschiedet sich, nicht ohne sich gegenseitig einen schönen Tag, eine gelungene Woche und auch sonst alles Gute gewünscht zu haben. Das soll nicht verächtlich klingen, nein, im Gegenteil. Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit sind eine Zierde, die hier so mancher mit sich trägt. Da sist sehr angenehm. Auch angenehm ist das gute Benehmen, gegenseitige Rücksichtnahme ist häufig zu beobachten und wenn sich irgend wer vordrängelt, ist das mit großer Sicherheit ein Tourist. New Yorker scheinen das nicht zu tun, sie lassen dann eher den Vortritt, halten die Tür auf und "have a nice day". Ich will nicht übertreiben, aber von all der Heltik, der sprichwörtlichen Arroganz und Unfreundlichkeit der New Yorker finde ich ich bisher kaum Spuren.


"You must answer to get help!" (sagte der Beamte der Notrufzentrale bedauernd zum dahinscheidenden Verbrechensopfer)
Übrigens war ich heute Einkaufen ("man" fährt schließlich zum Shoppen nach NY). Das Mekka aller Fotografen heißt "Adorama", wo es alles zu (für uns) kleinen Preisen gibt. Ich hatt einen Mega-Store erwartet, wie das neudeutsch heißt, landete aber in einem verwinkelten kleinen Lädchen. Man hat da wirklich so ziemlich alles, aber nicht in dem Lädchen, sondern im (wahrscheinlich riesigen, mehrgeschossigen) Keller. Dort suchen irgendwelche hilfswilligen Maulwürfe das Gewünschte und durch Löcher im Fußboden landet das ganze irgendwann zu Füßen des Verkäufers. Interessante Art der Lagerhaltung, man lernt nicht aus. Aus dem Kellerloch emporgeschleudert wurde auch das von mir begehrte Fisheye-Objektiv (für Laien: ein Superweitwinkel mit Rundumblick), jetzt ist's meins.

Damit kann man zum Beispiel einfach mal aus dem Hotelfenster knipsen:


Übrigens: wenn man an den Preisen hier verzweifelt, gibt es eine Lösung. Nein, nicht die Wall-Street, viel einfacher: man wird Parkplatzvermieter. Was es nämlich weit weniger gibt als Starbucks-Filialen, sind Parkplätze. Wenn maneinen findet, wird dort hochgestapelt was das Zeug hält, in der Fläche ist schließlich kein Platz. Der Parkplatz auf dem Bild unten hatte ein Sonderangebot feilgeboten: eine Stunde, die Steuer mitgerechnet, für nur 13 Dollar. Alles klar, oder?


Wenn man einen solchen Parkplatz besitzt, ist man frei von Sorgen und kann sich anderen Verschrobenheiten hingeben, vermute ich. Als ich gestern eine Pizza aß, kam ein Spaziergänger längs, der eine Katze auf dem Kopf sitzen hatte. Dauerhaft, ich sah ihn später noch einmal. Was lehrt uns das: auch abends nicht ohne Kamera das Haus verlassen, das glaubt doch sonst kein Mensch. 

Ein Hort schlechten Benehmens

Sich über Urlaubsunterkünfte auszulassen ist im Allgemeinen unnötig und langweilt den Leser nur. Hier gilt es, eine Ausnahme zu machen.
In New York bin ich nämlich nicht in irgendeinem Hotel untergekommen, das ebenso in Rio, Singspore oder Stuttgart stehen könnte. Nein, ich wohne im Chelsea - ich wollte im Chelsea wohnen. Doch dann kam alles anders. Meine Buchung war bestätigt und keine konnte damit rechnen: am 31.07. wurde das Hotel nach Verkauf schlagartig geschlossen. Ab August gibt es während umfangreicher Renovierung keine Gäste mehr, die verbliebenen 100 Langzeitbewohner werden nach und nach vor die Tür gesetzt. Ich musste kurzfristig umbuchen und was mir vom Chelsea bleibt ist die dazugehörige Literatur im Gepäck. Aber was hat es überhaupt mit diesem Hotel, auf sich, warum bin ich etwas traurig, nicht genau dort zu wohnen, warum lohnt es darüber zu schreiben?

Das Chelsea Hotel wurde 1883 erbaut und konnte sich für einige Jahre rühmen,
mit 12 Stockwerken das höchste Gebäude New Yorks zu sein. Konzipiert war der pseudo-barocke Backsteinkasten als Appartementhaus, 1905 wurde er als Hotel umgewidmet. Das alles rechtfertigt noch keine Geschichte, wird der aufmerksame Leser nun einwenden. Ein zwar altes, aber entsprechend abgewohntes und mäßig komfortables Hotel, nun ja.


Die eigentliche Geschichte speist sich aus der illustren Gesellschaft, die hier im Hause weilte. "Ein Hort legendär schlechten Benehmens" titelte Magazin Merian seinen Artikel über das Chelsea Hotel, gab ihm den Beinamen "Zufluchtsort für Ausgeflippte". John Lennon ging hier ein und aus, Stanley Kubrick hauste hier ebenso wie Arthur Miller und Mark Twain. Bob Dylan und Jimmy Hendrix stiegen ab und für Leonhard Cohen war es lange Zeit ein Zuhause. Cohen besang das Haus sogar in einem  seiner Songs und Andy Warhol, natürlich auch ein Mieter auf Zeit, drehte "Chelsea Girls". Einige haben, ohne es zu wissen, bereits Einblick erhalten, etliche Szenen aus "Leon, der Profi" wurden im Treppenhaus des Hotels gedreht.
Punk-Legende Sid Vicious von den Sex Pistols ermordete in Zimmer 100 angeblich seine Freundin, bevor er ein Jahr später selbst an einer Überdosis eben dort starb. Dichter Dylan Thomas raffte in seinem Appartement der Alkohol dahin. An mehr oder wenger Durchgeknallten herrschte hier vor Jahrzenhten kein Mangel. William S. Burroughs schrieb den Drogenroman "Nakes Lunch" im Chelsea Hotel - ich habe ihn als authentische Reiselektüre eingepackt.



Musiker, Dicher. Maler mieten sich teils für Jahre im Hause ein, auch zuletzt gab es noch etwa hundert Langzeitmieter. Das Treppenhaus ist zugepflastert mit Gemälden chronisch zahlungsunfähiger Künstler, die damit ihre Miete beglichen.

Der Spiegel bescheinigte dem Chelsea Hotel eine "Atmosphäre unkontrollierbaren Verfalls" und schreibt weiter: "Sänger Leonard Cohen sagte einmal, das "Chelsea" gehöre zu jener Sorte Hotels, in die man 'um 4 Uhr morgens mit einem Zwerg, einem Bären und vier Ladies im Schlepptau einchecken kann, ohne dass es jemanden stört'."

Ich bin ohne Zwerg und Ladies gekommen, aber leider dennoch anderweitig einquartiert. Meine Unterkunft Pennsylvania ist ein gleichfalls in die Jahre gekommener 1700-Zimmer-Bunker, zentral gelegen, aber leider ohne den Hauch von Charme. Wenn man sich schon in einer Stadt aufhält, wo viel Geld für schäbige Löcher
zu zahlen ist, hätte ich wenigstens gerne Flair dafür gekauft.
Wo sonst als im Chelsea könnte man absteigen in New York?

Montag, 12. September 2011

Welcome to NYC

So, nun ist es soweit. Nach langer Reise bin ich heute in der Stadt angekommen. Das war gar nicht so einfach ...

Früh ging es per S-Bahn zum Flufhafen Köln, um auch zeitig genug einzutreffen. Das scherte den City-Hopper von KLM wenig, unser Start verzögerte sich aus unerfindlichen Gründen um fast eine Stunde. Da meine Umsteigezeit in Amsterdam mit 1:25 Stunden ohnehin recht knapp bemessen war, habe ich meinen Weiterflug innerlich schon abgeschrieben und sah mich am Transfer-Desk nach späteren Flugmöglichkeiten Ausschau halten. Irgendwie hat's dann doch noch hingehauen. Nach der Landung musste ich einen Spurt quer durch den nicht gerade kleinen Flughafen unternehmen und stand dann nach einer Viertelstunde mit heraushängender Zunge am Sicherheitscheck. Dieser wurde erstaunlich lax vorgenommen und der Flugzeugbesteigung in letzter Minute stand nichts mehr im Wege. Interessanter Weise haben sie es sogar geschafft, mein Gepäck noch umzuladen, Hut ab, KLM. Damit hatte ich nach zahlreichen Aufenthalten an lost-and-found Schaltern in der Vergangenheit nun nicht gerechnet in der kurzen Zeit.

Öde acht Stunden folgen. Ich bin ja nun nichts als schlanker Mensch bekannt, in meinen Sitznachbarn hätte ich allerdings locker dreimal rein gepasst. Naja, wir haben uns arrangiert. Dann die Einreiseprozedur. Was hatte ich nicht vorher alles an Schauermärchen gehört: von endlosen Frage-Antwort-Spielen mit humorlosen Angestellten der homeland security, Schlangestehen bis man schrumpft, ewige Wartezeiten bis zur Gepäckausgabe und so weiter. Was war? Nichts. Eine ganz normale Einreise, ohne viel Gedöns wird der Stempel in den Pass gehämmert, der übliche Zollerklärungsschnipsel wir irgendwem im Vorübergehen in die Hand gedrückt und das war's. Fast enttäuschend. Einen Tag nach dem 9/11 Jahrestag ist nichts zu spüren von Übersensibilität und Kontrollwahn, entspannter kann eine Einreise kaum abgehen. Dann ist auch noch meine Tasche eine der ersten auf dem Band (DAS passiert mir wirklich ganz selten) und der Tag ist mein Freund.

Super-Shuttle benötigt alles in allem etwa zwei Stunden, um mich in die 33. Straße zu karren, wo ich mein Hotel beziehe (dazu morgen noch mehr). Soviel sei schon verraten: ich habe, wenn man dicht ans Fenster geht, Aussicht auf das Empire State Building, dazu darf ich rauchen und kostenlosen Kaffee trinken.

Da es mittlerweile dunkel wird, breche ich nur zu einer ersten Erkundung der näheren Umgebung auf. Das heisst: am ATM mit Dollars eindecken (die werden reichlich benötigt), in einer Bar ein Becks trinken (dafür gehen bereits fünf der Dollars flöten) und schließlich bei Starbucks einen teuren Eiskaffee kaufen und deren W-Lan nutzen - um dies hier zu schreiben. Eiskaffee ist angebracht, es ist nett warm hier (25°) und dabei recht tropisch-feucht. Aus dem Fenster habe ich gerade Ausblick auf exotische Läden, etwa T-Mobile und Staples Büroartikel, das exotischste sind die vier öffentlichen Telefone direkt vor mir. Ob die jemand braucht? Hier sind alle ähnlich im Mobilfunkwahn wie daheim.

Mein erster Eindruck sonst: das wirkt alles gar nicht so groß hier, wie ich gedacht hätte. Erstaunlich. Kleine Straßen und auch das immerhin fast 450 Meter hohe Empire State ist zwar groß, aber wirkt auf Anhieb erstmal nicht dreimal so hoch wie der Kölner Dom. Vielleicht habe ich jetlagbedingte dimensionale Wahrnehmungsstörungen? Wir sprechen uns morgen wieder, wenn ich wahrscheinlich zig Kilometer Fußmarsch absolviert habe.