Verlässt man Kathmandu geht es ziemlich schnell bergan. So auch heute bei der etwa einstündigen Fahrt nach Dakshinkali. Dahinter verbirgt sich kein Dorf, sondern ein in einer Schlucht gelegener einsamer Kali-Tempel. Kali, dass ist die Göttin die insbesondere in Kalkutta verehrt wird und die etwas blutrünstiger daherkommt, gerne dargestellt mit einer Kette aus Köpfen.
In Dakshinkali angekommen fährt man zunächst eine holprige Strasse in den Wald, vorüber an jahrmarktähnlichen Ständen, die allesamt Pilger- und Opferbedarf feilbieten, sowas wie Blumenketten, Farbpulver, Kokosnüsse... und z. B. Hühner. Genauergesagt Hähne. Denn hier wird geopfert, und zwar aussschließlich männliche Tiere. In der Regel beschränkt sich das auf Federvieh oder, wenn jemand genug Geld mitbringt, vielleicht eine kleine Ziege. Seltener, nur zu bestimmten Festtagen, kommen auch größere Tiere unter's Messer. Auf Menschenopfer verzichtet man seit dem letzten Jahrhundert, heisst es.
Weiter geht es über Treppen in die Schlucht hinunter, vorüber an zahlreichen leprösen Bettlern. Lepra ist, soviel sei noch bemerkt, eine echte Scheißkrankheit. Der Bettler gibt es viele, unmöglich allen etwas zu geben, aber Leprakranke haben bei mir immer Aussicht auf einen kleinen Obulus. Weil sie eben nicht mehr viel anderes tun können, als auf milde Gaben hoffen. Das gilt nicht für die Kinder, Jugendlichen, den wohlgenährten Einarmigen und wer sonst noch alles die Hand aufhält. Betteln ist Not, aber Betteln ist auch reguläres Gewerbe, wie Postkarten verkaufen. Für die Beurteilung bliebt eine kurze Sekunde, ein kurzer Blick, dem Gerechtigkeit fern liegt. Relativ klar liegt die Sache nur dort, wo es kaum Touristen hin verschlägt, etwa hier in Dakshinkali. Da versammelt sich das echte Elend, den "Show-Bettler" haben von Einheimischen nichts Gutes zu erwarten.
Ich schweife ab, während dieses Exkurses ist der Fuss der Schlucht an einem kleinen Fluss erreicht. Und damit der überaschend kleine Kali-Tempel. Dort ist Betrieb, auch wenn der wichtigste Tag hier der Samstag ist, der einzige arbeitsfreie in Nepal. Aber auch heute morgen (ja, es ging wieder zeitig los) haben sich duzende Gläubige versammelt und drängen in das Heiligtum, halb unter freiem Himmel gelegen. Der Zugang zum eigentlichen Tempel ist Nicht-Hindus nicht gestattet, aber von außen darf man ungestört das Geschehen verfolgen. Blumen und Farben werden auf Statuen gestreut, Öllampen und Räucherstäbchen entzündet, an einer bestimmten Stelle Kokosnüsse zerdeppert. Ab und zu ist ein größeres Opfer fällig. Pilger übergeben einen Hahn dem Psiter, der mit sachkundiger Routine das Messer anlegt. Das Blut und der Kopf gehören Kali, hier in Form einer entsprechend besudelten Statue. Der Hahn wird anschließend mitgenommen und darf, da er ja für die gute Sache starb, als Abendessen genossen werden. Normalerweise essen Hindus kein Fleisch und schlachten auch nicht. Aber wenn sich so eine Gelegenheit bietet, sagt auch niemand nein.
Fotos habe ich noch nicht von der Kamera gezogen. Aber wie Hühner geschlachtet werden, kennt doch ohnehin jeder. Oder?
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Hühner schlachten? - Klar, das wissen sogar die Franzosen. Die bringen ihre Hähne mit in die Stadien der Welt, wenn ihre Blauen bei einer WM auftreten. Und der chilenische Bauer auf dem campo weiß das auch. Danke, dass du uns diese Bilder vom Schlachtfest erspart hast. Aber, ein paar Fotos vom Hindu-Tempel hätte ich gerne gesehen und bewundert. Habt ihr euch an den religiösen Handlungen beteiligt und Blumen oder anderes Opfergut verstreut?
AntwortenLöschenHallo Chileno,
AntwortenLöschennun muus ich doch mal antworten auf die Fragen, die du immer aufwirfst. Nein, an irgendwelchen Kulthandlungen, Pagodenumrundungen und ähnlichem haben wir uns nicht beteiligt. Zum einen muss man da ja wissen, was man tut und will nichts falsch machen, zum anderen muss man auch irgendwie dran glauben. Sonst ergibt das keinen Sinn. Wir haben uns also auf's Zusehen beschränkt und wollten auch nicht stören.
Das Bauwerk an sich gab in Dakshinkali nicht viel sehnenswertes her. Wartet ab, im Juli soll es auch noch was zu sehen und erzählen geben.