Dienstag, 27. März 2012

Letzte Tage in Kolkata

Abgesehen von der schon affenartigen Hitze ist Kolkata eine durchaus sympathische Stadt, den Aufenthalt von fast einer Woche bereuhe ich nicht. Noch einmal besuche ich morgens den Blumenmarkt und die angrenzenden Ghats am Fluss, wo vor allem in der Frühe etliche Zeremonien stattfinden und einige Sadhus anzutreffen sind. Stunden kann man sich in dieser Gegend treiben lassen und bekommt immer neues zu sehen.

Kolkata war lange kommunistisch regiert, jetzt macht Karl Marx den Baba
In der College Street sind hunderte kleine Buchläden zu finden, die aufgereiht in Bretterbuden beidseits der Straße allen möglichen und unmöglichen Lesestoff anbieten. Wenn man die Prüfungsfragen für angehende Polizeikommisare wissen möchte oder ein Handbuch der Chirurgie benötigt, hier findet man diese. Dazu gibt es stapelweise dicke Schinken über Computersysteme vergangener Tage, vergibte Romane und verwitterte Gebetsbücher.

Käufliches Wissen in der College Street
In der gleichen Straße suche ich eine Insititution von Kolkata auf: das Indian Coffee House. Ein düsteres Treppenhaus mit spinnwebenbehangenen Elektoinstallationen führt ins Obergeschoß eines alten und entsprechend vom Zahn der Zeit und des Monsun heimgesuchten Gebäudes. Dort tut sich der Kaffeesaal auf, in dem hübsch beturbante Keller unter duzenden schwirrender Ventilatoren dahin huschen und die auf Plastikstühlen sitzenden Gäste mit Koffein versorgen. Dem ganzen geht der Ruf eines Treffpunktes der Intellektuellen, gar eines Debattiertreffs von revolutionärem Ausmaß voran. Revolutionär ist heute allenfalls, dass mindestens die Hälfte der Besucher das unübersehbar plakatierte Rauchverbot geflissentlich ignorieren, ich schließe mich diesem unkorrekten Tun an.

Wo Intellektuelle Kaffee schlürfen
Unweit meines Hotels in der Sudder Street lässt sich morgens die Müllabfuhr der Stadt beobachten. Der Müll aus den Straßen und Gassen wird zusammengefegt und mit Handwägelchen zu einer Art Sammelstelle gebracht. Dort sorgt eine Horde Schweine sofort für eine Reduzierung der Müllmenge. Was verbleibt, landet auf Lastwagen und wird zum "Gabbage Mountain", der riesigen Müllkippe in Dhopa, gefahren. Da wollte ich eigentlich auch hin, aber kein einziger der befragten Taxifahrer verstand, wo es hingehen soll.

Ziemlich außerhalb auf der "Schäl Sick" in Howrah liegt der botanische Garten der Stadt. Das Taxameter bringt es auf fast 20 Kilometer. Der Garten ist ganz schön groß, wie ich nach ausufernden und schweißtreibenden Spaziergängen feststelle. Eine Oase der Ruhe, Dschungelstimmung und dann gibt es auch noch den weltweit größten Banyan-Baum zu sehen. Dieser in Asien populäre Baum aus der Fikus-Familie ist bekannt für seine Luftwurzeln, mit denen er ausladende Äste abstützt. Das hiesige Exemplar besitzt davon an die 3000, teils selbst baumstammdick, so dass der einzige Bäum eher wie ein kleiner Wald aussieht. Er erstreckt sich über immerhin 1,5 Hektar und hat es gar in Guiness Buch der Rekorde (welches in Indien total populär ist) geschafft.

My Rikshaw is my Castle
Da die wenigen Taxifahrer vor dem Garten höchst inflationäre Preisangebote machen, besteige ich den nächsten Bus zum Bahnhof Howrah. Eine Fahrradrikscha wäre wahrscheinlich schneller gewesen, ich hätte es wissen müssen. Schon nach wenigen Minuten und ebensovielen Stopps ist der Bus sardinenbüchsengleich mit Fahrgästen aufgefüllt und quält sich scheppernd und abgasumweht gen Bahnhof. Das macht er aber immerhin 20 mal billiger als die letzten Offerten der Taxifahrer. Um die Howrah-Brücke vom Fluss aus zu sehen, nehme ich die nächste Fähre vom Bahnhof gen Norden ans andere Ufer. Unversehents lande ich in einer ganz interessanten Gegend. Viele kleine, aber offensichtlich sehr beliebte Tempel reihen sich an der Uferstraße aneinander, auf der anderen Straßenseite Buden mit den passenden Opfergaben. Dahinter liegt die Bahnstrecke, die hier beidseitig bis dicht an die Gleise mit Slums gesäumt ist. Im angrenzenden Viertel werde ich zum x-ten Mal zu einem Tee eingeladen und bin schnell eine Art Attraktion. Schöne Ecken, in die sich eher wenige Ausländer verirren.

Heute ein König
Bei allen potentiellen Postkartenempfängern muss ich mich schon jetzt entschuldigen. Ich hatte vor, hier in Kolkata die Post zu erledigen, da habe ich ja Zeit satt, war der Gedanke. Dann habe ich es erst vergessen und schließlich nicht einen einizgen Verkäufer von Postkarten gesichtet. Vielleicht wird das in Mumbai noch was, schauen wir mal.

2 Kommentare:

  1. Ich hoffe, der unmögliche upload liegt nicht daran, daß Teile der Fotoausrüstung ungewollt liegen geblieben sind :) Grüße an Mohammad in Dharavi, und natürlich an Tiger (vor dem seine großen Brüder vermutlich zu viel Angst hatten), N

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  2. Hallo Peter, Postkarten bekommst du in Kolkata (und vielen indischen Städten) fast nur in den Shops der großen Hotels. Viel Spass weiterhin in meinem geliebten Kolkata und indien! Nora

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