Freitag, 8. November 2013

Taxigeschichten

Wer viel herum kommt, kann viele Anekdoten und Erlebnisse über das Taxigewerbe berichten. Es gibt wohl kaum eine Zunft, über die der Reisende mehr schimpft, weltweit verschrien als die Halsabschneider schlechthin. Von Ortsunkundigkeit, Abzocke und rüder Fahrweise tönt es häufig, seltener hingegen hört man Lob. Dabei finde ich es schon erfreulich, vielerorts auf den Luxus einer Taxifahrt sorgenfrei zurückgreifen zu können, ohne die Reisekasse ernsthaft zu belasten.

Die heutige Taxigeschichte spielt in Skopje, der Hauptstadt Mazedoniens. Morgentliches Einsteigen ins Gefährt, heute gelenkt von Einem jenseits der 60, der erfreulich gutes Englisch spricht. Und der auch wirklich spricht, wenn man Lust auf Kommunikation verspürt, ist auch das erfreulich. Woher? Deutschland, ah, das kennt er, natürlich, und kann mit umfangreicher geogrfischer Kenntnis aufwarten. Seit Jahren fährt er Taxi, erst ein eigenes, seit sechs Jahren als Angestellter. Das eigene Taxi wurde zu lästig, all die Genehmigungen, die Bürokratie, die Steuern, da ist das Angestelltendasein bequemer. Überhaupt fährt er mehr zum Zeitvertreib, höchstens sechs Stunden am Tag. Die anderen fahren eher zehn, um über die Runden zu kommen. Aber Geld spielt keine Rolle, vernehme ich verwundert.

Sein eigentlicher Job war über Jahre, Krimineller zu sein, erzählt der Fahrer freimütig. Nie gewalttätig, fügt er rasch hinzu, das sei nicht sein Ding. Nein, er war im Passfälschergewerbe unterwegs, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Job brachte ihn, quasi auf Dienstreise, in nahezu alle Länder Europas, auch mehrfach nach Deutschland, und nach Afrika. Dort war er besonders lange aktiv, in Nigeria, wo Portugiesische Pässe ein Bombengeschäft sind. Schließlich war Mosambik lange portugiesisch, es liegt also nahe, ausreisewillige Afrikaner mit entsprechender Nationalität zu versorgen. Unterschiedlich fallen die Kosten für das Dokument aus, je nachdem, ob komplett gefälscht oder ein geklautes Original mit neuem Foto, das sei alles möglich.

Das Verbrechen bescherte ihm finanzielle Unabhängigkeit, das eigene Taxi, das Studium der Kinder, die er auch noch mit je einer Wohnung versorgen konnte. Und das war der Zeitpunkt, auszusteigen, vor einigen Jahren. Nicht zu gierig werden, nicht wie so viele andere im Knast landen. Das Risiko war hoch, es war nicht richtig, nein, dass weiß er. Aber er hat es geschafft und vor allem geschafft, abzuspringen und im Wissen, seine Kinder versorgt zu haben, in den bescheidenen Ruhestand zu gehen, als Taxifahrer. Er würde es wohl wieder so machen, weil es für ihn der einzige Weg war.

Angekommen zahle ich mit reichlich Trinkgeld, eine gute Geschichte ist das immer wert. Der Fahrer grinst und als Dank drückt er mir einen dicken Packen Taxiquittungen von den Fahrten der letzten Tage in die Hand, die werden immer automatisch ausgedruckt und nicht jeder nimmt sie mit, "vielleicht kannst du die irgendwo abrechnen."

Die Fahrt führte übrigens zu einem Gesprächstermin mit Silke Maier-Witt, Ex RAF-Terroristin und seit zehn Jahren auf dem Balkan für den zivilen Friedensdienst engagiert. Noch ein geläuterter Mensch.

Montag, 4. November 2013

Dinge, die auf Reisen nerven (I)

Derzeit befinde ich mich auf Dienstreise in Mazedoniens Hauptstadt Skopje und bewohne dort ein apartes Hotelzimmer. Der tägliche Besuch des durchaus wohlgestalteten Bades ließ mich heute übe reine Sache sinnieren und diese für würdig befinden, eine Fortsetzungsgeschichte (mal sehen) über Dinge zu verfassen, die nerven.

Heute sei hier erwähnt: Schilder, die in Hotelbädern hängen und sinngemäß kundtun, man möge seine Handtücher zu Boden werfen, wenn neue gewünscht werden oder hängen lassen, wenn ein Wechsel nicht von Nöten ist.

Auf der Rückseite findet sich die Englische Bedienungsanleitung

Zunächst kannte man derlei Verfahren nur aus deutschen Hotels der gehobenen Klasse, die sich "für etwas bessers" hielten und damit dem Zeitgeist wohl Rechnung trugen. Mittlerweile hat sich diesen Verfahren weltweit mehr oder weniger durchgesetzt und ist auch in shclichten Herbergen anzutreffen, außer in den ganz billigen Absteigen, die gar keine Handtücher bereitstellen.

Was soll daran nerven? Fragt nun vielleicht der kritische Leser, das ist doch der Umwelt dienlich. Richtig, bestätige ich gerne. Außerdem, wer verlangt schon nach täglich frischen Handtüchern, so einen Unsinn gibt es zu Hause auch nicht. Den täglichen Handtuchwechsel sollte man einfach per se abschaffen und damit wäre dann in der Tat etwas für die Umwelt, allerdings wohl auch gegen die Handtuch- und die Waschmittelindustrie getan.

Der eigentlich nervende Punkt ist: kaum eines der schilderaufhängenden Hotels hält sich an die dem Gast nahegelegte Mahnung, die Umwelt durch unnötiges Handtuchreinigen zu schonen. Ich lasse prinzipiell meine Handtucher artig auf Stangen und Haken. Dennoch finde ich sie nach der Zimmerreinigung dort nicht mehr wieder, sondern frische Exemplare hübsch gefaltet auf dem Bett liegend. Heute beschlich mich der Verdacht, ich könne irren und es seien die Gebrauchtücher, die nur hübsch gefaltet wo anders hingelegt wurden. Kurzerhand versah ich mein Badetuch mit einem kleinen Schmutzfleck in einer Ecke (der Balkonboden war dazu geeignet), um es dann wieder auf seine Stange zu hängen, den Fleck natürlich vor dem Reinigungspersonal verborgen. Weg das Handtuch, weg der Fleck, der Gästewunsch schmählich missachtet, das bleibt als Fazit am heutigen Abend. Und die Erkenntnis, dass man mit wenig Mühe ganz schön viel über bisher zu unrecht kaum beachtete Themen in die Tasten hauen kann.