Montag, 8. Oktober 2012

Seidenstraße

Was wohl ein jeder kennt im Zusammenhang mit Usbekistan ist die Seidenstraße. Über die Handelswege zwischen China, Arabien und Europa transportierten Karawanen Jahrhunderte lang Waren, Geschichten und Wissen in beide Richtungen und ermöglichten Reichtum und kulturelle Blüte. Mitten zwischen den Gebirgen des Tien Chan und Pamir und zwischen den endlosen Wüsten Kysylkum und Karakum müssten den geplagten Reisenden die Städte Buchara und Samarkand wie Wunder erscheinen. Nicht umsonst nehmen die Märchen aus 1001 Nacht ihren Ausgang in Samarkand, einer über 2700 Jahre alten Stadt.

Basare in Buchara
Zwischenzeitlich bin ich wieder auf dem heimischen Sofa angekommen und zu usbekischer Instrumentalmusik schreibe ich diese abschließende Betrachtung. Die Erinnerung an die beiden großartigen Oasen liegt nur wenige Tage zurück. Buchara ist die vielleicht orientalischste Stadt Usbekistans. In der Altstadt würde man sich frühmorgens oder nachts kaum über die Ankunft einer Karawane wundern, die Kulisse wirkt wie ewig unverändert.

Hat gut Lachen: persischer Gewürzhändler
Am Tage kommt die Karawane der Reisenden und die Basare längs der Straßen werden rasch gefüllt mit Tuch und Tand, wie es Europäer gerne nach Hause schleppen. Wollte man spotten, könnte man Unsbekistan die aufwndigst gestalteten Souvenirgeschäfte der Welt bescheinigen - viele der ehemaligen Medresen und Moscheen dienen heute profan dem Andenkenverkauf. Sein das Kunsthandwerk noch so schön, man wird des Anblicks bald überdrüssig. Dennoch kann ich mich den angepriesenen Dingen auch nicht ganz entziehen, zu Recht. Ich erwerbe einen der klappbaren Koranständer, aus einem einzigen Stück holz gefertigt, Technik, die begeistert. Auch echter persischer Safran ist (neben den zahlreichen Imitaten) zu erwerben und wird der heimischen Küche zugeführt.

Höchst kunstvoll sind Koranständer
Samarkand ist der Abschluss der Reise und unbestrittener Höhepunkt. Großartigere Zeugnisse persisch-islamischer Baukunst wird man lange suchen und allenfalls in Isfahan finden. Der Registan (Sandplatz) mit seinen umgebenden drei Koranschulen ist ein dermaßen harmonisches Gesamtkunstwerk, das ich den Blick kaum abwenden kann. Mehrfach kehre ich dort hin zurück, alleine diese Anlage rechtfertigt den Besuch des Landes. Ebenso begeistert das Mausoleum Gur Emir, quasi ein Vorläufer des Taj Mahal und vom gleichen Baumeister gefertigt. Die Kunstwerke entstanden in einer Zeit, als sich das Reich Tamerlans, dem heutigen unsbekischen Nationalhelden, von Istanbul über Persien bis nach Delhi erstreckte.

Usbekische Reisende am Registan

Das Campingmodell von Lada konnte sich international nicht durchsetzen
Heute wird die Seidenstraße auch als "Opiumstraße" bezeichnet. Der größte Teil der Droge kommt aus Afghanistan und Tadschikistan über die alten Handelswege. Unwegsame Gebirge und Wüsten machen die Kontrolle auch heute noch nahezu unmöglich, auch wenn Razzien in Usbekistan häufig zu beobachten sind. Auch dort wird, so hört man, der Schlafmohn heimlich angebaut. Hauptexprtgut bleibt aber die Baumwolle, hier gehört Usbekistan zu den weltweit größten Erzeugern. Im Moment ist Erntezeit und in den Ebenen zwischen Samarkand und Taschkent sind die Felder gefüllt mit Pflückern. Anhalten zum Fotografieren ist kaum möglich, es könnte den Busfahrer in Schwierigkeiten bringen. Denn offiziell hat man der Kinderarbeit auf den Feldern abgeschworen, tatsächlich helfen aber teils wohl nach wie vor Schulklassen bei der Ernte. Fotografiert haben möchte man das verständlicher Weise nicht. Die Pflücker werden zwar entlohnt, sind aber unter Umständen nicht immer ganz freiwillig auf den Feldern tätig, um das nach wie vor staatlich monopolisierte "weiße Gold" einzufahren. Aus der Baumwollkapsel werden übrigens mehr als 40 Produkte hergestellt. Neben der bekannten Baumwolle werden unter anderem Teirfutter, Kosmetika und aus den Samen das Baumwollöl gewonnen. Letzteres ist Bestandteil der nationalen Küche und könnte ursächlich sein für die ein oder andere Magenproblematik, die auch Teile unserer Reisegruppe heimsuchte.

Sachkundige wissen: gegen allerlei Übel hilft Ausräuchern
Festzuhalten bleibt, das Usbekistan an angenehm bereisbares sekuläres Land ist. Von fundamentalistischen Auswüchsen wie im Iran und anderenorts ist hier nichts zu sehen. Musikalische Darbietungen erfreuen sich ebenso großer Beliebtheit wie rauschenden Feiern mit hinreichend Wodka. Von Demokratie mag man hier freilich nicht sprechen, aber allgemein herrscht große Willigkeit, aus dem Land etwas zu machen, und zwar keinesfalls einen Gottestaat.

Allah aus der Feder des Kalligrafen
Der Aufenthalt von knapp zwei Wochen erwies sich als ausreichend. Abwechselung hätte vielleicht noch der (aufwändige) Besuch des Aralsees gebracht oder die Berglandschaft des Ferganatals ganz im Osten. In der Wüste hat man's nach diversen Kilometern Wegstrecke gesehen und auch blauer Kuppeln, seien sie noch so hübsch, wird man dann doch überdrüssig. Ein "Orient-Feeling" stellt sich nur begrenzt ein, dafür ist es hier einfach zu ruhig. Kein Gehupe, keine lärmenden Basare und Straßenmärkte, alles geht sehr gesittet seinen Gang und jede Gasse ist bitzblank gefegt. Das mutet fast schon unheimlich an, der Wille zur Alltagsanarchie, sollte er überhaupt vorhanden gewesen sein, wurde scheint's durch die Sowjetzeit erfolgreich eliminiert. So wirken auch die russisch-sozialistisch geprägten modernen Stadtteile gepflegt, aber weder interessant noch besonders lebendig. Dafür wurde das Auge anderweitig verwöhnt und der Erholungswert eines Aufenthaltes in Usbekistan ist unbestritten.

Montag, 1. Oktober 2012

In der Oase

 Zwischenzeitlich gab es teils kein Internet und vor allem fehlte die Zeit. Der abendliche Vodka erhielt den Vorzug vor schreibender Tätigkeit, nachlässig aber zu entschuldigen, ist doch Urlaub. Mal sehen, was noch nachgeholt werden kann.

Aufstehen war (am Samstag) um 4:30 angezeigt, herrje. Noch vor Sonnenaufgang geht es zum nagelneuen Inlandsflughafen und von dort rund eineinhalb Stunden nach Urgench. Von dort ist es nicht weit nach Xiva an der Turkmenischen Grenze, eine uralte Oasenstadt. Heute ist es das Rothenburg Usbekistans, eine Art bewohntes Freilichtmuseum. Die Altstadt, komplett von alter Stadtmauer umschlossen, wurde liebevoll restauriert. Nun sieht alles aus wie neu (ist es auch überwiegend), aber das haben sie gut hinbekommen. Eher stören die Millionen Souvenirstände und Reisegruppen, die sich über die Gassen ergießen. Nun gut, ich will nicht meckern, die Stadt ist schon ein sehenswertes Gesamtkunstwerk und es geht noch verhältnismäßig ruhig zu. Das liegt unter anderem an der Mentalität der Usbeken, die von jeglicher Aufdringlichkeit Abstand nehmen, sehr angenehm. Alltagsleben lässt sich in den alten Wohngassen im Norden der Stadt beobachten. Dort ist auch die Stadtmauer zu erklettern und ermöglicht tolle Blicke über die Kuppeln und Minarette, die farblich aus dem lehmbraunen Stadtbild ragen. Türkisblau wirkt hier keinesfalls kitschig, ich finde das sehr stimmig.
Blick über die schöne Oase
Brote frisch aus dem Lehmofen schmecken verdammt gut

Alte Leute in der alten Stadt
Ein Problem hierzulande ist Geld. Nicht, weil es nicht vorhanden wäre, im Gegenteil, es gibt zu viel, zumindest mengenmäßig. Für einen Euro erhält man 3000 Sum. Da der größte Schein ein 1000er ist, kann man zum Geldwechseln eine Plastiktüte mitbringen. Wie machen die das hier, wenn die einen Kühlschrank kaufen? Oder ein Auto?? Mit dem Sattelschlepper zum Bezahlen anrücken? Fest steht, das Bankräubern hier keine aussichtsreiche Berufskarriere offen steht. Dafür lachen sich die Hersteller von Geldzählmaschinen ins Fäustchen, die hat hier jeder Kiosk.

Für einen Euroschein werden Bündel 1000er überreicht.
Von Xiva aus wird noch ein Ausflug in die Wüste unternommen zu dort befindlichen Wehrburgen, die vor über 1500 Jahren das damalige Reich sichern sollten und dies auch eine ganze Weile erfolgreich machten. Von den Lehmziegelfestungen ist naturgemäß nicht mehr so viel übrig, aber alleine die Lage in der Wüstenlandschaft lohnt das erklimmen der Hügel.

Sandburgen
Noch mehr Wüste dann heute: die 450 Kilomater nach Buchara führen mitten durch die Kysylkum, die "Rote Wüste". Der streckenweise nur rudimentär vorhandenen Straße geschuldet dauert das rund 10 Stunden. Bis auf ein paar heruntergekommene Raststätten gibt es nicht allzu viel zu sehen. Links Wüste, rechts Wüste, so ist das halt.

Herumlungerndes Maultier am Wegesrand
Der erste Streckenabschnitt läuft parallel zum Amurdarya, einem der beiden großen Flüsse des Landes, der hier die Grenze zu Turkmenistan bildet. Das bedeutet Grn am Wüstenrand und erfreuliche Ausblicke. Der Fluss versickert mittlerweile in der Wüste, früher mündete er in den Aralsee, der aber damals auch noch über 100 Kilomater näher dran war. Der ehemals viertgrößte See der Erde ist mittlerweile zur Pfütze verkümmert, eine riesige ökologische Katastrophe. Andererseits wird das Wasser der Zuflüsse dringend für die Landwirtschaft benötigt und rückgängig lässt sich ohnehin nichts mehr machen.

Der Aralsee verschwindet
Am Abend dann treffen wir in Buchara ein, neben Samarkand die bedeutendste Stadt auf diesem Abschnitt der Seidenstraße. Die beiden Oasen liegen in Mitten von Wüsten etwa auf halber Strecke zwischen China und Europa, was ihre Bedeutung zur Bütezeit der Seidenstraße schnell erklärt.

Übersicht zu den Hauptrouten der Seidenstraße


Freitag, 28. September 2012

Gemütliches Taschkent

Reichlich verspätet hebt die Boing der Usbekistan Air aus alten US-Beständen in Frankfurt ab. An Bord geschätzte zehn Usbeken und 190 deutsche Reisegruppenteilnehmer. Hochsaison für Studienreisende, hoffen wir das die schönen Gegenden nicht überflutet werden von Besichtigungswilligen. Das Unterhaltungsprogramm an Bord könnte man sehr wohlwollend als spärlich bezeichnen. Das lustigste war noch, das die vor mir sitzende das Tütchen Erdnüsse empört an das Servicepersonal zurückgab, die seien schlecht. Das "Mindesthaltbarkeitsdatum" war in der Tat eine Woche überschritten, "die dürfen uns doch hier kein abgelaufenes Zeug servieren!".Ich hatte meine schon auf und bin gerade nochmal an einer wahrscheinlich tödlichen Erdnussvergiftung vorbeigeschrammt, uff.

Die Einreise gestaltete sich eher aufwändig. Der Abgleich Gruppenvisum - Teilnehmer nahm erhebliche Zeit in Anspruch und nach gefühlt Stunden hatte ich dann als letzter auch eine hübschen neonorangen Stempel im Pass. Dass war allerdings nur die Eintrittskarte zur nächsten Warteschlange. Die akribisch auszufüllende Zollerklärung wurde ebenso akribsch kontrolliert, Gepäck geröntgt, alles abgestempelt. Der Beamte bewegte sich dabei so rasant, dass man ihm während der Arbeit locker sein Hemd hätte bügeln können. So erreichen wir erst gegen Mitternacht das pompöse Taschkent Palace, Wunschhotel aller Reisegruppen. Ein wohlschmeckendes Nachtmahl wird wenigstens noch gereicht und dazu kann lauwarmes Bier für schlappe fünf Euro verköstigt werden. Begeisterug sieht anders aus, es schläft sich aber angenehm.

Schaschliks mag der Usbeke
Heute morgen frühstückt auch eine indische Reisegesellschaft auf der Terrasse des Hauses. Ein Inder lässt sich traditionelle morgendliche Bad nicht nehmen, legt noch am Frühstückstisch seine Klamotten ab und taucht in Unterhose in den Pool. Ich liebe sie, Inder sind einmalig. Dann geht es los zur Stadtbesichtigung. Per buss und Fuss lassen sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten - und das sind so viele nicht - bequem abklappern. Interessant ist der letzte erhaltene "Ur-Koran" aus dem 7. Jahrhundert, der hier in Taschkent aufbewahrt wird. Geschrieben auf Gazellenlder mit einer Mischung aus Russ und Blut lässt sich das heute noch gut lesen (sofern man Kufi beherrscht).

Allerlei Zeug auf dem Markt
Stachelige Dinger, an denen man bei Erkältung riechen soll. Aha.
Die Stadt ist weitläufig, sehr grün und sehr ruhig. Wenige Autos sind auf den breiten Straßen unterwegs, Mopeds gibt es auch noch nicht bekannten Gründen gar keine. Alles wirkt gemächlich, kein Gehupe und Geschreie, entspannte Hauptstadt mit immerhin 2,5 Millionen Einwohnern. Die kommen als Frau meist buntgekleidet daher, russisch-sowjetischer Einschlag ist unübersehbar. Man sieht auf Anhieb nicht, dass es sich um ein zu 99% muslimisches Land handelt, noch nicht mal Muezzine sind zu hören. Die Menschen machen einen umgänglichen Eindruck, auch wenn der Umgang sprachlich bedingt nicht so einfach ist. Rudimentäres Englisch ist fast nur den im Tourismusgewerbe tätigen zu entlocken. Mit Händen und Füßen geht es natürlich und mein Fotografierwillen stösst selten auf Ablehnung, schön.

Streng schaut der Iman
Nachmittags ist kein Programm. Während sich die Gruppe zum Hotel trollt und dort noch mittagessen will, bleibe ich am Chorsu-Basar, unserem letzten Besichtigungspunkt. Da lohnt es sich einfach, mehr Zeit zu investieren und die ganzen Basarstraßen und Hallen zu durchwandern. Während draußen hauptsächlich unnützer Krimskrams angeboten wird, ist drinnen das Reich der Lebensmittelhändler. Ich komme mit einem jungen Mann ins Gespräch, der zum einen professionell Fußball spielt, zum anderen Deutsch lernt beim Goethe-Institut. Das macht er seit einem Jahr und ist froh über jede Gelegenheit zur praktischen Anwendung seiner Sprachkunst. Ich kann nur feststellen, er spricht sehr gut und die Gelegenheit zur Kommunikation biete ich ihm gerne. So verbringen wir eine ganze Weile gmeinsam auf dem Markt, ich korrigiere sein Deutsch und lehre ihn neue Wörter, er erzählt eine Menge über sein Leben in Usbekistan. Ich mutmaßte erst, dass ganze würde ein Geldwechselversuchen oder anderen geschäftlichen Anliegen gipfeln, tat es aber nicht. So eregab sich eine echte win-win-Situation. Gemeinsam bestiegen wir noch einen Aussichtsturm und kehren in eine Teestube ein, wo neben dem Getränk wohlschmeckende Blätterteigtaschen mit Hackfleisch gereicht wurden.

Voluminöse Haarschleifen, wenn man's tragen kann.
Auf den Rückweg machte ich mich per U-Bahn, der einzigen in ganz Zentralasien und Stoltz der Taschekenter. Am Eingang Polizeikontrolle, alle Taschen wurden gecheckt. Meine nicht, dafür wurde mein Pass verlangt. "Wo ist das Visum?" - "Gruppenvisum." "Wo ist die Gruppe?" - "Keine Ahnung, hier nicht." "Sie dürfen nicht ohne Gruppe uterwegs sein!" - "Ach was?! Da habe ich anderes gehört, no problem!". Es war dann aber doch ein Problem, mir wurde bedeutet, dass müsse "im Computer" überprüft werden. ALs Teilnehmer der vielgelobten usbekischen Polizeiwillkür darf ich also in einen Kabuff folgen und irgenwer wir angerufen. Meine Heimatadresse muss dann in eine Kladde eingetragen werden, wir spielen noch eine Weile Frage und Antwort. Mir dämmert schon, dass diese Aktion zu einem polizeilichen Bereicherungsversuch ausarten könnte. Da spassiert aber nicht. Irgendwann bekomme ich den Pass zurück, man entschuldigt sich gar für die entstandenen Umstände und wünscht eine gute Fahrt. Geht doch.

Die U-Bahn-Stationen sind auch bischen den Palästen für's Volk in Russland nachempfunden, recht hübsch. Fotografieren ist allerdings streng verboten. Trotz Umsteigen und rein kyrilischer Beschriftung aller Schilder bin ich zügig wieder in der Nähe des Hotels. Im nahegelegenen Park lässt sich noch ein Getränk bestellen und die Sonne genießen, mit Blick auf das Parlamant (glaube ich zumindest). Hier herrschen optimale Bedingungen, blauer Himmel bei knapp 30°, das mag man.

Samstag, 1. September 2012

In die Wüste geschickt

Ende September mache ich mich auf den Weg nach Usbekistan, ins Zentrum der historischen Seidenstraße. Von der Hauptstadt Taschkent soll zu zu den Oasenstädten Samarkand, Buchara und Xiva gehen, die zur Blütezeit der Seidenstraße mit prächtigen Bauwerken geprägt wurden. Das sollte recht sehenswert sein. Einen großen Teil des Landes bedeckt die Wüste Kysylkum, die schon alleine des Namens wegen mal besuchen möchte.

Ungewöhnlicher Weise werde ich diese Tour als Gruppenreise unternehmen. Man muss ja nicht immer alleine herumfahren und das macht die Organisation in diesem Fall sehr entspannt, zumal ich mit der Landessprache dort nicht so vertraut bin. Ich bin gespannt, wie dort der Kontakt zum einheimischen Volk dennoch möglich sein wird.

Wie gewohnt besteht die Absicht, hier regelmäßig von unterwegs zu berichten. Ob das gelingt, steht in den Sternen, die Internetversorgung könnte problematisch werden.

Montag, 18. Juni 2012

Hölle auf Erden

Anlässlich einer Veranstaltung und Ausstellung zum Thema Slums, organisiert von der Jungen Akademie für Zukunftsfragen in Hamburg, beteiligte ich mich mit einigen Fotos und zwei Artikeln. Neben einem Text über Dharavi, der sich ähnlich schon hier in den Reiseberichten aus Indien findet, schrieb ich unter dem Titel "Hölle auf Erden" folgenden Beitrag über Erfahrungen beim Besuch in Phnom Penh, Kambodscha (2008):

Die Hauptstadt Kambodschas ist relativ klein und beschaulich, vergleicht man sie mit anderen Metropolen Asiens. Es ist die Hauptstadt eines armen Landes, das noch entfernt ist von „stabilen Verhältnissen“. In den Siebzigern brachte das Terrorregime der Khmer Rouge einen nicht geringen Teil der eigenen Bevölkerung um, zuvor wurden im Vietnamkrieg ganze Landstriche weggebombt. Diese Wunden lasten bis heute auf der Nation. 

Nach Kambodscha kommt man vor allem wegen der Tempel von Angkor, faszinierende Zeugnisse einer Hochkultur und eines der bedeutendsten Baudenkmäler Asiens. Phnom Penh ist oft nur Durchgangsstation und bietet wenige Sehenswürdigkeiten, sieht man von Einblicken in die Zeiten des Schreckens ab. Ein Foltergefängnis ist heute Museum, die „Killing Fields“ am Stadtrand sind Gedenkstätte mit einem Mahnmal, gebaut aus tausenden Schädeln der einst in Massengräbern verscharrten.

Offenen Augen zeigen sich in der entspannt wirkenden Stadt aber auch die kleinen Höllen des heutigen Lebens. Phnom Penh ist eine der Drehscheiben für Menschenhandel und Kinderprostitution, befördert von Armut und Korruption. In einem der Straßencafés verderben mir zwei Franzosen im gesetzten Alter, die mit ihren augenscheinlich minderjährigen Begleiterinnen ein paar Tische weiter sitzen, den Appetit. Tausende Straßenkinder leben in Phnom Penh, sammeln Müll, betteln, schnüffeln Klebstoff, der das Leben erträglicher machen soll. Gleich bei meinem ersten Abendessen an der Uferstraße des Mekong starren mir eine Handvoll von ihnen hungrig das Essen förmlich vom Teller. Das habe ich so unerträglich noch nicht einmal in Indien erlebt. Das europäische Gewissen veranlasst mich, für die Hungernden noch eine Portion der gebratenen Nudeln kommen zu lassen, was fast eine Prügelei unter den Kindern auslöst. Die Stärkeren essen, hilflose Hilfe.


Hilfe gedeiht im Kleinen. Ich besuche ein Projekt, in dem ehemalige Straßenkinder wohnen und eine umfassende Schulbildung erhalten. Sie lernen Französisch, Englisch und Japanisch, was die Chancen auf einen Job im wachsenden Tourismussektor erhöht. Einige der heutigen Lehrer kamen früher selbst von der Straße hierher. Ein unglaublich engagierter Gründer des Projekts und viele Spender, vor allem aus dem Ausland, ermöglichen die Arbeit, für die sich der Staat weniger verantwortlich sieht.

Einer der Jungen im Projekt ist Mech, der heute sechzehn ist und einer der wissbegierigsten Schüler. Bevor er das Glück hatte, im Kinderheim aufgenommen zu werden und gute Chancen für die Zukunft zu bekommen, lebte Mech etliche Jahre auf der Straße und auf den Smokey Mountains. Die „rauchenden Berge“, das ist in Phnom Penh die umgangssprachliche Bezeichnung für die riesige Mülldeponie am Stadtrand. Dort fahre ich hin mit dem Jungen.


Per Autorikscha erreichen wir die Vororte der Stadt. In den Gassen sind zunehmend Betriebe zu sehen, die Plastik, Glas, Papier und Metalle recyceln. Der „grüne Punkt“ heißt hier Handarbeit in Hinterhöfen. Und die Rohstoffe kommen von dem Berg, den wir kurz darauf erreichen, ein Müllhaufen  unvorstellbaren Ausmaßes. Am Fuße des Berges ein See, fast schwarz, abgestorbene Bäume in der vergifteten Brühe und eine Ansammlung von windschiefen Wellblechhütten. Hier leben einige hundert Familien, die gemeinsam mit zahlreichen Straßenkindern vom und auf dem Müllberg leben. Eine fest gestampfte „Straße“, mit Metallplatten stabilisiert, führt auf den Berg. Lastwagen liefern hier rund um die Uhr den Unrat der Hauptstadt an und sorgen für ein stetiges Wachsen des Berges.


Ein Riesenmüllhaufen bei 35°, man kann sich den Gestank kaum vorstellen. In der Luft liegt außerdem ein beißender Qualm, denn der Berg brennt und schwelt an vielen Stellen, das gab ihm seinen Namen. Mitten in diesem Inferno hunderte von Menschen, ausgerüstet mit Metallhaken und Plastiksäcken sammeln sie alles verwertbare auf dem Müll. Die Säcke mit Plastik, Metall und allem, was wiederverwertbar ist, landen dann in den Recyclingbetrieben. Tag und Nacht, bei Dunkelheit mit Scheinwerfern, wird hier Müll gesammelt, 12 Stunden, 14 Stunden für einen US$. Das reicht zum Überleben im Slum, mehr nicht, dafür arbeiten hier Kinder, Männer, Frauen.


Was mich irritiert ist die Normalität des Lebens hier im Müll. Es gibt fliegende Händler, die Snacks verkaufen, ein paar Jugendliche spielen Fußball und in behelfsmäßigen Unterständen wird Essen gekocht. Man lebt, man arbeitet und niemand klagt. Das ist aber nicht nur auf Duldsamkeit und Fatalismus zurückzuführen, ich bin erstaunt über die Selbstverständlichkeit und ich glaube sogar den Stolz, mit dem hier gelebt wird. Die Menschen sind offen und aufgeschlossen gegenüber mir als exotischen Besucher, viele Ausländer dürften sich hierher nicht verirren.


Das soll die Szene nicht beschönigen. Ich erlebe die Zeit auf dem Müllberg fast wie im Trance. Bei jedem Schritt aufpassen, der organische Untergrund birgt zahlreiche Verletzungsgefahren. Der Gestank, die unglaublichen Eindrücke, das zerrt an allen Sinnen. Mir brennen die Augen und die Kehle, dieser Rauch ist unerträglich, schon nach einer Stunde. Schnell ist klar, wer hier den ganzen Tag schuftet, wird nicht alt. Eine Hölle auf Erden, würdiges Leben in unter menschenunwürdigen Lebensbedingungen. Weniges, das ich auf Reisen sah, hat mich ähnlich nachhaltig beeindruckt und mir einmal mehr vor Augen geführt, mit welchem verdammten Glück ich zufällig im übersatten Europa geboren wurde.



Freitag, 6. April 2012

Jetzt neu!

Wieder daheim und arktischen Temperaturen ausgesetzt kümmere ich mich nun noch um Anreicherung des Geschriebenen mit ein paar Bildern. Das Problem ist wohl in geänderten Einstellungen bei blogspot und deren Kollision mit den Sicherheitsvorstellungen von Win 7 zu finden, höchst merkwürdig. Nur über Umwege gelang es, nun noch Fotos hochzuladen. Also hier gilt nicht: sonderbares Indien, sonder eher *#$+!?! Windows.

Endlich konnte ich einen Schirmherren für diesen Blog gewinnen

Freitag, 30. März 2012

Schon wieder vorbei

Drei Wochen vergehen immer wie im Flug. Schon der letzte Tag in Mumbai, der nicht vertroedelt werden moechte. Bei den Dabbawallas habe ich nach dem Rechten geschaut, man liefert immer noch fleissig Selbstgekochtes aus. Am CST waren aber nur wenige der Essentransporteure zugange, gut, dass wir letztes Jahr am Bahnhof Churchgate waren. Da gab es deutlich mehr zu sehen.

Heute habe ich den Crawford Market und das Basarviertel rund um die Freitagsmoschee (passt ja heute) noch einmal abgeklappert. Vieles habe ich wieder entdeckt und fuer einige Fotos gab das auch wieder was her. Die Sensation des Tages: Osama lebt, von wegen Pakistan. Der verkauft Melonenschnitten in Mumbai und zwar schon seit Jahren, wie er versichterte. Fuer ein Foto war der Mann leider, aber verstaendlich, nicht zu haben.

Sandwiches vom Kohlegrill sind ein beliebter Snack in Mumbai
Ich nehme noch allerlei Dienstleistungen in Anspruch, die ich sonst zu Hause selbst machen muesste: Schuhe putzen lassen, eine Rasur. Einen Guerterl erstehe ich auch noch bei einem der zahlreichen muslimischen Lederhaendler, angefertigt auf Laenge nach Wunsch.

Das Klischee sagt ja, die Europaeer waeren so gestresst und hektisch und ungeduldig und koentten da in Asien etwas dazulernen. Das Klischee irrt allerdings im nicht unerheblichen Masse. Schon mal morgens auf dem Bahnhof in Mumbai gewesen? Oder die S-Bahn benutzt oder jedes andere beliebige oeffentliche Verkehrsmittal, Taxi gefahren? Dann weiss an aber, was gestresst ist. Einerseits vermag der Inder in sich zu ruhen und zum Beispiel jederzeit an jedem Ort in jeder moeglichen und ummoeglichen Position zu schlafen. Andererseits ueberkommt ihn der totale Stress, sobald er sich in irgendwelchen Verkehrmtteln bewegt. Fuer Taxifahrer sind alle anderen Verkehrsteilnehmer ausnamslos "Bandchood" (ich uebersetzte das jetzt nicht, es ist ein boeses, boeses Schimpfwort), was auch gerne jederzeit lautstark geaeussert wird. Hupen, Schreien, Draengeln im Akkord, was fuer ein Stress. Ich empfehle den Deutschen Strassenverkehr zur Steigerung der inneren Ruhe, der ist echt shanti.

So, jetzt geht es noch zum Stadtstrand in Chowpatti zwecks Sonnenuntergang und dann wird es Zeit, den Sack wieder zu packen. Ich hoffe, fuer die geduldigen Leser waren ein paar interessante Zeilen dabei. Mit Fotos werde ich das ganze dann nachtraeglich noch anreichern.

Donnerstag, 29. März 2012

Mumbai Masala

So, da bin ich wieder in der wohl geschaeftigsten Stadt Indiens. Zwar frischer als in Kolkata weht auch hier feucht-warmer Muff durch die kolonialen Strassen. Ich wohne dieses Mal in Fort, dem Geschaeftsviertel unweit des Bahnhofs CST, das ist der schoene alte im Kolonialstil. In der Umgebung meines Hotels finden sich viele kleine Druckereien. In einem etwa ein Quadratmeter grossen Betrieb habe ich Visitankarten in Auftrag gegeben, 100 Stueck fuer ganze 150 Rupien, gute Sache.

Viel veraendert hat sich hier nicht. Gestern Abend bin ich nach Colaba, ins Touristenviertel, gefahren und habe gut gegessen. Der Keller brachte gutes Thali und erinnerte sich auch gleich, letztes Jahr waren wir da haeufiger. Beidseits des Causeway haben die teuren Markenboutiquen zugenommen und Haendlerscharen trachten nach wie vor danach, ihr Zeugs an den Mann zu bringen. Allein meine Interessierte Nachfrage nach einer White-Russian-Machine vermochte noch niemand zu befriedigen (das versteht jetzt nur ein Leser, aber den wird's freuen). Leider hatee ich abends nichts weiter zu tun, als im Leopold's ein paar heftig ueberteuerte Bier zu trinken. Langweilig, das, komische Leute hier. Ich hoerte von einem Gartenlokal in Colaba, das werde ich dann heute inspizieren und hoffe auf besseres.

S-Bahnen sind gefragte Verkehrsmittel
In Dharavi habe ich heute nochmal vorbei geschaut. Mohammad erzaehlte zufrieden vom Saisonverlauf und den Neuerungen auf seiner Route, unter anderem eine Rundumaussicht von einem der Daecher, das fand ich ganz gelungen. Einen Feedback-Fragebogen fuer seine Kunden hat er jetzt auch, es wird immer professioneller mit seinen Slumfuehrungen und Erfolg sei ihm gewuenscht. In Daharavi geht es wieder sehr gescharftig zu und nach wie vor funktioniert hier das Zusammenleben von Hindus uns Muslimen unproblematisch, so soll es sein, schoen. Von den Abrissplaenen hat man offenbar auch mittlerweile Abstand genommen oder diese zumindest auf Eis gelegt, so dass dieser Wirtschafts- und Lebensraum mitten in der Stadt unveraendert besteht.

Über den Dächern von Dharavi
In Fort wurde mir heute ein 100 Rupien Schein angeboen, der die Seriennummer 786786 tragt. "Very lucky number!" - Kostenpunkt: 5000 Rupien. Ich verzichte und verweise auf meine Unkenntnis in Nummerologie.

Dienstag, 27. März 2012

Letzte Tage in Kolkata

Abgesehen von der schon affenartigen Hitze ist Kolkata eine durchaus sympathische Stadt, den Aufenthalt von fast einer Woche bereuhe ich nicht. Noch einmal besuche ich morgens den Blumenmarkt und die angrenzenden Ghats am Fluss, wo vor allem in der Frühe etliche Zeremonien stattfinden und einige Sadhus anzutreffen sind. Stunden kann man sich in dieser Gegend treiben lassen und bekommt immer neues zu sehen.

Kolkata war lange kommunistisch regiert, jetzt macht Karl Marx den Baba
In der College Street sind hunderte kleine Buchläden zu finden, die aufgereiht in Bretterbuden beidseits der Straße allen möglichen und unmöglichen Lesestoff anbieten. Wenn man die Prüfungsfragen für angehende Polizeikommisare wissen möchte oder ein Handbuch der Chirurgie benötigt, hier findet man diese. Dazu gibt es stapelweise dicke Schinken über Computersysteme vergangener Tage, vergibte Romane und verwitterte Gebetsbücher.

Käufliches Wissen in der College Street
In der gleichen Straße suche ich eine Insititution von Kolkata auf: das Indian Coffee House. Ein düsteres Treppenhaus mit spinnwebenbehangenen Elektoinstallationen führt ins Obergeschoß eines alten und entsprechend vom Zahn der Zeit und des Monsun heimgesuchten Gebäudes. Dort tut sich der Kaffeesaal auf, in dem hübsch beturbante Keller unter duzenden schwirrender Ventilatoren dahin huschen und die auf Plastikstühlen sitzenden Gäste mit Koffein versorgen. Dem ganzen geht der Ruf eines Treffpunktes der Intellektuellen, gar eines Debattiertreffs von revolutionärem Ausmaß voran. Revolutionär ist heute allenfalls, dass mindestens die Hälfte der Besucher das unübersehbar plakatierte Rauchverbot geflissentlich ignorieren, ich schließe mich diesem unkorrekten Tun an.

Wo Intellektuelle Kaffee schlürfen
Unweit meines Hotels in der Sudder Street lässt sich morgens die Müllabfuhr der Stadt beobachten. Der Müll aus den Straßen und Gassen wird zusammengefegt und mit Handwägelchen zu einer Art Sammelstelle gebracht. Dort sorgt eine Horde Schweine sofort für eine Reduzierung der Müllmenge. Was verbleibt, landet auf Lastwagen und wird zum "Gabbage Mountain", der riesigen Müllkippe in Dhopa, gefahren. Da wollte ich eigentlich auch hin, aber kein einziger der befragten Taxifahrer verstand, wo es hingehen soll.

Ziemlich außerhalb auf der "Schäl Sick" in Howrah liegt der botanische Garten der Stadt. Das Taxameter bringt es auf fast 20 Kilometer. Der Garten ist ganz schön groß, wie ich nach ausufernden und schweißtreibenden Spaziergängen feststelle. Eine Oase der Ruhe, Dschungelstimmung und dann gibt es auch noch den weltweit größten Banyan-Baum zu sehen. Dieser in Asien populäre Baum aus der Fikus-Familie ist bekannt für seine Luftwurzeln, mit denen er ausladende Äste abstützt. Das hiesige Exemplar besitzt davon an die 3000, teils selbst baumstammdick, so dass der einzige Bäum eher wie ein kleiner Wald aussieht. Er erstreckt sich über immerhin 1,5 Hektar und hat es gar in Guiness Buch der Rekorde (welches in Indien total populär ist) geschafft.

My Rikshaw is my Castle
Da die wenigen Taxifahrer vor dem Garten höchst inflationäre Preisangebote machen, besteige ich den nächsten Bus zum Bahnhof Howrah. Eine Fahrradrikscha wäre wahrscheinlich schneller gewesen, ich hätte es wissen müssen. Schon nach wenigen Minuten und ebensovielen Stopps ist der Bus sardinenbüchsengleich mit Fahrgästen aufgefüllt und quält sich scheppernd und abgasumweht gen Bahnhof. Das macht er aber immerhin 20 mal billiger als die letzten Offerten der Taxifahrer. Um die Howrah-Brücke vom Fluss aus zu sehen, nehme ich die nächste Fähre vom Bahnhof gen Norden ans andere Ufer. Unversehents lande ich in einer ganz interessanten Gegend. Viele kleine, aber offensichtlich sehr beliebte Tempel reihen sich an der Uferstraße aneinander, auf der anderen Straßenseite Buden mit den passenden Opfergaben. Dahinter liegt die Bahnstrecke, die hier beidseitig bis dicht an die Gleise mit Slums gesäumt ist. Im angrenzenden Viertel werde ich zum x-ten Mal zu einem Tee eingeladen und bin schnell eine Art Attraktion. Schöne Ecken, in die sich eher wenige Ausländer verirren.

Heute ein König
Bei allen potentiellen Postkartenempfängern muss ich mich schon jetzt entschuldigen. Ich hatte vor, hier in Kolkata die Post zu erledigen, da habe ich ja Zeit satt, war der Gedanke. Dann habe ich es erst vergessen und schließlich nicht einen einizgen Verkäufer von Postkarten gesichtet. Vielleicht wird das in Mumbai noch was, schauen wir mal.

Sonntag, 25. März 2012

Kolkata II

Heute morgen war Ausschlafen angebracht und um acht gab es ein schönes üppiges Frühstück englischer Art. Es ist Sonntag. alles hat heute frei und ich will es auch ruhig angehen lassen. Ich spaziere ein paar Kilometer zum alten englischen Friedhof mit opulenten Grabmalen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Die interessantesten Grabsteine, wie etwa: hier ruht soundso, verstorben, weil sie zu viel Ananas aß - finde ich leider nicht, aber interessant ist's dennoch. Riesige Pyramiden waren damals als Ruhestätte für Offiziere und hohe Beamte der East India Company offensichtlich en vogue, heute verwittern sie inmitten üppigen tropischen Grüns.

Manchen Kolonialbauten ist eine gewisse Baufälligkeit zu bescheinigen
In der Park Street sorgt ein Geldautomat wieder für Liquidität und sogleich macht ich es wie viele indische Familien der Mittelschicht am Sonntag: Mittagessen bei Mc Donald's. Das hat hier fast Eventcharakter und ermöglicht außerdem den reuhelosen Genuß von Eiscreme.

Per Taxi fahre ich nach Kalighat im Süden der Stadt, da die Metro Sonntags erst ab nachmittags verkehrt. Dort ist der bekannteste Tempel der Stadt zu finden, der Kali-Tempel. Kali ist eine recht archaische Gottheit und man stimmt sie traditionell mit Tieropfern gütig. Die Umgebung des Tempels ist voll mit Devotionalienhändlern und Bettlern, im Tempel selbst sind Menschenmassen unterwegs. Echte oder angebliche Brahmanen (Priester) versuchen hier permanent, Fremde zu überhöhten Spenden zu nötigen und das Fotografieren ist im Tempel auch ungern gesehen. Ich schaue mich demnach nur eine Weile um und suche dann das Weite. Das liegt nahe und ist ein Barbier, der mir für 10 Rupien (etwa 15 Cent) ein glattes Gesicht beschehrt.

Hier gibt es heiße Maggisoße für 20 Rs - wer kann das wollen, sonderbares Indien
Dann stellt sich ein Problem ein, dass unweigerlich immer irgendwann auftritt: Kleingeldmangel. Ich habe die Taschen voller Geld und bin trotzdem noch nicht einmal in der Lage, Zigaretten zu kaufen. Es ist Sonntag, nur die kleinen Buden am Straßenrand sind geöffnet und niemand kann - oder will.- 500er wechseln (das sind ca. 7,50 Euro). Nach einer Weile gelingt es dann und mit den nötigen kleinen Scheinen ist auch eine Taxifahrt zum Hotel wieder möglich, diese kostet bei knapp fünf Kilometern 50 Rupien.

Was macht man noch an einem Sonntag Nachmittag? Man geht zum Hotel Lindsay am New Markest, fährt mit dem Aufzug 10 Stockwerke hoch und setzt sich auf die Dachterrasse. Ein großartiger Blick über die Stadt ist gratis und auch der Rest nicht so teuer, ein, zwei Cocktails bei 35° sorgen für die richtige Perspektive. Schön sind dann Dusche und Siesta, bevor abends der Biergarten lockt. Unter schattigen Bäumen (tagsüber) gbit es dort nicht nur Kaltgetränke, sondern auch immer nette Gespräche mit anderen Menschen. Jeder Schatten hat natürlich auch seine Schattenseite, mich hat dort schon zweimal ein Vogel vollgekackt. Der Wäscheservice wird das schon wieder hinbekommen.

Projekt Tiger

Die beiden letzten Tage standen im Zeichen der Wildnis, ich machte mich auf, den Sunderbans Nationalpark zu erkunden. Die Sunderband sind das riesige Mündungsgebiet des Ganges und der größte Mangrovenwald der Welt. Die Wälder erstrecken sich über 10.000 Quadratkilometer, etwa ein Drittel der Fläche von NRW. Je nach Gezeitenstand besteht das ganze aus mehr oder weniger Inseln mit einem Geflecht von Mündungsflüssen und kleinen Wasserwegen. 60% des Nationalparks liegen in Bangladesh, der Rest in Indien.

Von Kolkata fahre ich rund drei Stunden mit einem Minibus zur letzten per Straße erreichbaren Insel. Mit von der Partie sind eine junge Schweizerin und drei Inder, die alle aus Kolkata stammen, mittlerweile aber in verschiedenen Ländern arbeiten und alle paar Monate gemeinsam Wochenendtouren unternehmen. Weiter geht es mit eineer Fähre, einem einfahcen Holzkahn, bei dem man entweder auf der Reling sitzt oder in der Mitte steht. Nach normalen Maßstäben wäre das Boot mit 50 Menschen gut gefüllt, wir fahren allerdings mit etwa 100 sowie einigen Fahr- und Motorrädern. Die drei Inder sind skeptisch - sie können nicht schwimmen. Wir erreichen aber problemlos "unsere" Insel.

"Unser" Dorf
Dort gibt es ein paar kleine Dörfer, keinen Strom, keinen motorisierten Verkehr. Wir fahren noch eine weitere knappe Stunde per Fahrradrikscha zu einem der Dörfer. Fahrradrikscha heißt hier: eine Holzplattform hinten am Fahrrad, tauglich für Menschen und Gütertransport, wo wir jeweils zu dritt mit Gepäck drauf verstaut werden. Auch bei diesen Fahrzeugen gilt: kein Strom, sie sind abends mit Kerosinlampen beleuchtet.

Angekommen im Dorf werden wir in der Hütte einer Fischerfamilie mit Mittagessen bewirtet. Dicke Lehmwände halten die Hütte erstaunlich kühl und zusätzlich gibt es einen Solar-Ventilator.Uns werden Leckereien in Megen aufgetischt (obwohl, einen Tisch gibt es nicht) und es ist nichts dagegen einzuwenden, dass die Familie auch in der Folgezeit für unsere Versorgung zuständig ist. Im Anschluss folgt ein interessanter Spaziergang durch das Dorf mit seinen strohgedeckten Häusern. Vor zwei Jahren gab es hier einen Zyklon und die Insel wurde überschwemmt mit Salzwasser, was ein schweres Problem für die Landwirtschaft ist. Langsam erholt sich der Boden und mit jedem Monsun sinkt der Salzgehalt, dieses Jahr können die ersten Reisfelder hoffentlich wieder bewirtschaftet werden.

In einem kleinen Schrein wird bei der zuständigen Gottheit Schutz vor dem Tiger erbeten. Viele der Dorfbewohner arbeiten als Honigsammler in den Wäldern und jeder hat schon einen Angehörigen durch Tigerattacken verloren. Auch das Dorf selbst wurde schon von Tigern angegriffen, die aber zum Glück nur Haustiere verspeisten. Durch lange Zäune innerhalb des Nationalparks wird versucht, die Tiger von den Dörfern fernzuhalten, was aber nicht immer gelingt. Die Tiere können kilometerweit schwimmen und das Angebot an Nahrung in den Wäldern ist nicht üppig. Die Chance, das wir auf unserer Tour einen Tiger sehen, kommt allerdings einem Lottogewinn gleich. In dem riesigen Gebiet leben aktuell gerade einmal 276 Tiger. So bekommen wir auch nur den Tiger zu sehen, den ich mitgebracht hatte, ein großer Spass war das allemal.

Blackhead-Kingfisher, es gibt duzende Sorten Vögel und mehrere Sorten Bier unter den Kingfishern
Wir fahren gegen Abend noch mit Ruderbooten durch die Mangroven zur Vogelbeobachtung, dann besteigen wir unser großes Boot, auf dem wir übernachten. Als Abendprogramm schaut eine Gruppe lokaler Musiker vorbei und es gibt wieder gutes Essen unter dem Sternenhimmel, ganz großartig. Die mitreisenden Inder sind gut vorbereitet und haben einen schier unerschöpflichen Whiskyvorat dabei, was zu einem gelungenen Abend zusätzlich beiträgt. Die Nacht auf den Boot mit viel frischem Wind ist große klasse.

Im Mangrovenwald
Der nächste Tag wird komplett auf dem Boot verbracht und wir durchfahren die Mangrovenwälder, besuchen ein paar Aussichtstürme und einen Brückenweg über die Mangroven hinweg. Wir lernen viel über dieses faszinierende Ökosystem und erfreuen uns an Ruhe und Landschaft, Das ist genau das Richtige zum Erholen von der Großstadt. Entsprechend zufrieden erreichte ich gestern Abend wieder Kolkata.

Spotted Deer - Tigerfutter bei der Aufzucht

Donnerstag, 22. März 2012

Am Hoogli

Wie ein aufmerksamer Leser richtig bemerkte: Kalkutta liegt nicht am Ganges, da irrt der deutsche Schlager. Hier fließt der Hoogli, welches ein Mündungsarm des Ganges ist. Auch der ist allerdings ganz schön breit, spielt aber im Leben der Stadt eine eher unbedeutende Rolle. Baderituale gibt es, aber spärlich gesäht

Heute bin ich viel gelaufen, zuerst eben zum Ufer des Hoogli. Auf dem Weg viele, viele breite Straßen mit noch viel mehr Verkehr, zwei Busbahnhöfe, ein Stadion (für Kricket, so ein Unsinn), viele Tropfen Schweiß und zum Nachfüllen etliche Tee und Wasser. Das Flußufer gibt sich dann eher verslumt an dem Ende, wo ich ankam. Zwischen Bahngleisen und improvisierten Hütten ist man damit beschäftigt, eine Art Strandpromenade zu bauen, eine Idylle mag sich derzeit aber nicht einstellen. Ein paar Badende im Schatten eines Schiffswracks sind anzuschauen und zum Glück säumen Teeverkäufer den staubigen Pfad. Ich wollte von hier mit dem auf dem Stadtplan eingezeichneten Fährboot auf die andere Seite, nach Howrah (sprich: Haora) übersetzen. Einen Fähranleger kann ich aber beim besten Willen auf einigen Kilometern Flußufer nicht auftreiben. Befragte Menschen sind auch überfordert oder bestätigen ganz erfreut "boat, yes!", um auch mal etwas gesagt zu haben. Tja, in Varanasi drängen sie einem die Boote im Duzend auf, hier fehlen sie dafür. Letzlich nehme ich ein Taxi und fahre auf dem Landweg zum Bahnhof von Kolkata, welcher in besagtem Howrah liegt (sozusagen auf der Schäl Sick von Kalkutta).

Morgentliche Badetätigkeit am Hoogli
Den Bahnhof suche ich wegen seiner gepriesenen Betriebsamkeit auf. Die unterscheidet sich aber auch nicht von anderen, finde ich. Also auf zur nahen Howrah-Brücke, einem der Wahrzeichen der Stadt. Die Stahlkonstruktion ist schon sehenswert, der Betrieb auf der Brücke um so mehr. Zig Tausende queren hier täglich den Fluß, in einem endlosen Strom von Bussen und Taxis und zu Fuß. Der Fußgängerbereich ist von Händlern gesäumt und Lastenträger schleppen zu hunderten teils riesige Ballen mit irgendwas ans andere Ufer. Hier kann man sich einfach hinhocken und hat Kino in Reinkultur vorüberziehen. Offiziell ist das Fotografieren auf der Brücke verboten, zum Glück schert das aber selbst die zahlreich herumlungernden Polizisten nicht. Mit einem fliegenden Händler für Spezialzahnpflegetinkturen führe ich ein längeres Gespräch und werde sogar zum Tee eingeladen. Er hatte offenbar großes Mitleid, nachdem ich mich als unverheiratet geoutet hatte. Außerdem fand er sehr bedauerlich, das Oliver Kahn jetzt im Ruhestand ist.

Geschleppe auf der Howrah-Bridge
Stunden verbringe ich dann in der Gegend des Blumenmarktes am anderen Ufer. Dicht gedrängt zwischen der Bahnlinie und dem Ufer steht ein Gewirr von Slumhütten, zwischen denen Blumen aller Art feilgeboten werden. Das ist einfach klasse, lebendig, bunt. Der größte Betrieb ist wohl frühmorgens, da werde ich auch noch einmal wiederkommen. Aber auch später am Tag kommen die riesigen Haufen aus Blumengirlanden in allen Farben schön zur Geltung. Ich bin ziemlich überrascht, hier nicht auf andere Touristen zu treffen und das Fotografieren ist hier die reine Freude. In der Nähe ist eines der wenigen Badeghats am Fluß und dort werde ich fast genötigt, ganze Familien abzulichten.

Hier gab's eine Rose geschenkt, nett
Scherereien am Hoogli
Ziemlich durchnässt suche ich nachmittags mein Hotel auf zwecks Siesta und Körperpflege. Zum Tee findet sich auch Mrs. Violet Smith ein, die Patronin des Hauses, weit in den 80ern und zu einem Schwätzchen aufgelegt. Sie erzählt unter anderem von ihren Gesprächen mit Günter Grass, als dieser sich hier aufhielt und bekannter Maßen Kolkata nicht mochte - was die alte Lady ihm nachsieht.

Mittwoch, 21. März 2012

City of Joy

Wow, Varanasi hat flughafentechnisch schwer aufgerüstet. Vor zwei Jahren musste noch ein einer Baracke ein Staubsauger bemüht werden, damit die Sicherheitsschleuse ans Laufen gebracht werden konnte. Heute gibt es einen hübschen, ganz normalen Flughafen mit immerhin vier Gates. Die indische Mittelklasse wächst stetig - und fliegt. Billige Inlandsflüge nehmen rasant zu, entsprechend gab die Gesellschaft IndiGo im letzten Jahr die größte Bestellung der bisherigen zivilen Luftfahrt bei Airbus in Auftrag. Ich flog mit JetLite für umgerechnet 30 Euro in einem nagelneuen Flieger in einer Stunde nach Kolkata.

Man sagt dem Inder im allgemeinen ja Ruhe und Geduld und wenig Stress nach. Das Gegenteil wird aber beim Besteigen und Verlassen öffentlicher Verkehrsmittel beobachtet. Synchron zur ersten Reifenberührung auf der Landebahn - zack, alle Handys an und kurz darauf stolpert man auch schon übereinander im Gang, um nun ja als erster sein Köfferchen auf dem Gepäckfach zu zerren. Dafür steht man dann länger an am Gepäckband und hat wertvolle Zeit für Muße gewonnen, keine schlechte Taktik.

Am Flughafen werden Prepaid-Taxis feilgeboten, die für kleines Geld in die Stadt befördern. Taxis, das sind hier gelbe, uralte Ambassador Autos im Stil der 50er. Mein Fahrer nutzt adlergleich jede sich bietende Lücke im Verkehr, tut dies aber sehr gemeidig und ohne große Huperei, angenehm professionell. Überhaupt, ich hörte vorher, das Verkehrschaos in Kolkata suche seinesgleichen und sei noch schlimmer als in Delhi oder anderenorts. Das kann ich nicht finden. Natürlich, wer europäische Verhältnisse gewohnt ist, möchte sich hier schreiend in Sicherheit bringen, aber ich finde den Verkehrsfluß hier recht gemäßigt. Wie in Mumbai gibt es Ampeln, man hupt nicht exzessiv und außer Taxis und Bussen sind eher wenige ausgefallene Fortbewegungsmittel wie Ochsenkarren und derlei zu sehen.

Kalkutta heißt heute Kolkata, so sagt man wohl im Bengalischen. Bekannt wurde es auch als Stadt der Freude nach dem gleichnamigen Roman. Für mich ist es erst einmal die Stadt des Waschküchenklimas. Das Thermometer lugt gerne über die 35° Marke und dabei ist es elend feucht. Die Tage beginnen entsprechend schon beim Frühstück schweißgebadet und auch beliebig viele Duschen ändern diesen Zustand nur kurzfristig.

Straßenbahn in Kolkata, alt und langsam, aber schön
Wie in jeder Metropole gibt es auch hier ein Touristenviertel, in diesem Fall die Sudder Street. Da wohne ich, oder besser gesagt: ich logiere. Ich habe mich im alt ehrwürdigen Fairlawn Hotel eingemietet, seit Generationen im englischen Familienbesitz und Ende des 18. Jahrhunderts gebaut. Man zahlt hier zwarmehr für Atmosphäre als für Komfort, dafür gibt es einen tollen Garten. Und überbordend dekorierte Gemeinschaftsräume im altmodischen englischen Stil, man würde sich nicht wundern, wenn irgendwann Miss Marple um die Ecke schaut. Fairer Weise ist im Preis hier das englische Frühstück und der 5-Uhr-Tee inbegriffen.

Dafür, dass die Sudder Street DIE Touristenmeile ist, geht es ganz beschaulich und indisch zu. Haufenweise Schlepper und Nepper wie anderenorts gibt es komischer Weise nicht, nur ein paar dezent für sich werbende Rischaläufer. Naja, am ersten Abend wurde mir außerdem sicher 20 mal bewußtseinerweiterndes Rauchzubehör angeboten.

Laufrikschas bieten ihre Dienste rund um den New Market an
Der erste Eindruck von Kolkata ist ausgesprochen nett. Eine lebendige Stadt, aber insgesamt recht aufgeräumt und entspannt. Als erstes habe ich das nahe gelegene Marktviertel rund um den von den Engländern errichteten Hallen des New Market durchstöbert. Märkte sind immer einen Besuch wert, finde ich. Besonders die Lebensmittelabteilung ist wie gewohnt farblich schön sortiert und fotogen.

Der Eismann ist da - bei 38° eine gute Sache
Kolkata besitzt, wer weiß das schon, eine der größten städischen Parkanlagen weltweit. Der  so genannte Maiden übertrifft denke ich den Central Park. Wobei man von der Gesamtfläche im Grunde nicht alles als Park bezeichnen möchte. Weite Teile sind einfach Brachland und dienen zum Müllabladen und zum Campieren für Slumbewohner. Unter anderem konnte ich beobachten, dass man durch die unkontrollierte Entsorgung größerer Mengen von Einweggeschrirr aus Plastik eine nachhaltige Verschandelung urbaner Erholungslandschaften erzielen kann. Um so gepflegter ist dafür die Anlage rund um das opulente Victoria Memorial. Zu Ehren der Königin wurde hier eine große Marmorkomposition errichtet, die hübsch anzusehen und auch bei den Indern beliebtes Ausflugsziel ist. Für 5 Cent Einrittt bekommt man als Gegenwert einen sehr gepflegten Park, der gänzlich unindisch anmutet.

Spass für Jung und Alt auf dem Maiden
Die weiten Rasenflächen gegenüber werden genutzt wie in Mumbai die Strände. Zum Flanieren, zum Besuch der vielen Essensstände und kleinen Unterhaltungsbetriebe. Ich versuche auch gleich, Luftballons mit dem Luftgewehr zu erlegen, mäßig erfolgreich (die Dinger sind alle krumm, wie früher auf der Kirmes).

Zum Abendessen lasse ich mal richtig krachen und suche das Thai Restaurant im besten Hotel des Viertels auf. Ganz hervorragend und das komplette Essen für etwa 10 Euro, wer will sich da beklagen. Tritt man aus der Tür des Nobelschuppens, sieht man 20 Meter weiter diejenigen, die allen Grund zur Klage hätten. Die breiten Bürgersteige leben, unter Kartons und Planen fristet die müllsortierende und bettelnde Zunft ihr Dasein.  Wie immer liegen arm und reich hier dicht beieinander. Das Klischee des allgegenwärtigen Elends, das Kalkutta oft anhaftet, bestätigt sich hier allerdings nicht auffälliger als in anderen indischen Großstädten auch, soweit ich das bisher beurteilen kann.