Dienstag, 17. Mai 2022

Lost Hotel

Ein weiterer Hafenort, Marsaskala, liegt auch in direkter Nachbarschaft zu meinem Standort. Das Städtchen muss man nicht gesehen haben, ich fahre im Grunde nur wegen der einzigen inoffiziellen Sehenswürdigkeit hin. 1982 wurde hier das von eimem lybischen Investor erbaute Jerma Palace Hotel eröffnet, seinerzeit das größte der Insel. Zu der Zeit pflegte Malta noch enge Beziehungen mit Lybien und auch Muamar Gaddafi stieg hier wohl häufiger ab. 

2007 schloß das offenbar nicht profitable Luxushotel, wurde verkauft. Es folgten etliche Konzepte für neue Nutzung, die genauso wechselten wie die Eigentümer. Das gesamte Interieur wurde inzwischen demontiert oder geklaut und die noble Herberge gammelte vor sich hin. Der letzte Plan sieht einen Abriss vor, das aber auch schon seit Jahren. Inzwischen erfreut sich der Kasten Beliebtheit bei Graffitiküstlern, Drogendealern, Illegalen sowie als Mülldeponie. Mehrfach brannte es, Teile des Gebäudes sind eingestürzt. 

Das Areal ist mit Mauern aus Betonblöcken abgeriegelt und natürlich eigentlich nicht zugänglich. Uneigentlich kann man auf der Rückseite unkompliziert über die Mauer steigen und sich umsehen. Das mache ich dann auch, lasse es allerdings bei äußerlichen Eindrücken bewenden. Diverse zwielichtige Gestalten sind dort unterwegs, das muss ja nicht sein.

Einst Luxus, nun Ruine

An Graffiti ...

... herrscht kein Mangel

Wellness-Oase

... und Poollandschaft

Einzelzimmer

How much is the fish?

Auf Mittelmeerinseln dreht sich naturgemäß einiges um Fisch, gut so, ich mag Fisch. 

Drei Tage auf Gozo sind schnell ins Land gezogen, ich begebe mich auf die Rückfahrt nach Malta. Ein Ticket kaufen für die Fähre muss man nur in dieser Fahrtrichtung, praktisch gelöst. Schnell bin ich wieder an Land und muss nun die Insel komplett durchqueren. Das ist nicht viel Strecke, aber der Verkehr sorgt für mäßiges Vorankommen. Man hat zwar inzwischen die Insel mit allerlei mehrspurigen "Schnellstraßen" zugebaut, aber die Menge der Autos scheint überproportional angestiegen. 

Nach kurzer Strecke komme ich an San Pawls Bay vorüber und beschließe, das dortige National Aquarium mitzunehmen. Mein Eintritt-für-alles-Ticket habe ich vorher im Internet erworben, worum also nicht auch das Aquarium ansehen, wenn man schon mal da ist. Leider ist die recht neue Attraktion mäßig bis gar nicht ausgeschildert und ich weiß nur ungefähr, wohin. Also Kreise ich eine Weile durch San Pawls und das ineinander übergehende Bugibba, einer der Haupturlaubsorte Maltas. Betonwüste aus gesichtslosen Appartementhäusern, verstopfte Straßen, Baustellen wo man hin sieht, nett hier. Wer hier als Pauschalurlauber landet, braucht starke Nerven oder hat einfach schlechten Geschmack.

Angekommen ist das neue Aquarium architektonisch ganz schön gemacht. Das übliche Sortiment an Unterwassertieren wird gut gestaltet präsentiert in Schiffswracks und Ruinen, kann man sich durchaus ansehen.

Feuerfische sind immer dekorativ

Goldfisch?

 

Die Pause war gut, ich habe Zeit satt. Der Vermieter meiner nächsten Unterkunft ist eh nicht da und der Schlüssel liegt im Briefkasten, habe ich gestern erfahren. Die Herberge (Doppelhaushälfte) im Dorf Zejtun ist bestens, auch wenn die Durchgangsstraße sich als nicht gerade verkehrsarm zeigt. Zum Ort dann später mal mehr, es ging ja um Fisch. 

Ich wohne zwei Steinwürfe vom Meer entfernt und erreiche zügig das angesagteste Fischerdorf Maltas, Marsaxlokk [Marsaschlock]. Dort findet immer Sonntags Fischmarkt statt und so ziemlich jeder Tourist auf der Insel wird dort hin gekarrt. Also heißt es, zeitig aufstehen und um sechs Uhr ankommen. Das hat einige Vorteile, man findet einen Parkplatz und kann in Ruhe den Fischhändlern beim Aufbau und der Auslage des Fangs zusehen. Die ganzen Souvenir- und Krempelstände, die den Markt beherrschen, kommen erst später, die Reisegruppen ebenfalls. 

Man drapiert den catch of the day

Früher Kunde fängt den Fisch

 

Ich decke mich für kleines Geld mit Riesengarnelen ein, das Sonntagsessen ist damit gut bestückt. Die gekauften Tiere legt der Händler auf Eis, ich hole sie dann später ab. Denn eine Weile möchte ich noch in der Morgensonne herumspazieren, der Ort ist dafür finde ich immer geeignet. Und ein Frühstück findet sich natürlich auch, Pastizzi mit Ricotta gehen gut.

Hafen in der Morgensonne

Marsaxlokk Zentrum

Kein Fisch

Jesus wacht über die Hafeneinfahrt

Typisch: Horusauge, das Malta Klischeebild

Schmackhafte Meerestiere landen öfters auf meinem Teller

Sonntag, 15. Mai 2022

Victoria

Victoria ist das Hauptstädtchen von Gozo. Die Engländer nannten das ehemalige Ir-Rabat kurzerhand zu Ehren der damaligen Queen um, heute verwendet man pragmatisch beide Namen. Durch die Hauptstadt komme ich andauernd, die Hauptstraße quer über die Insel geht mitten hindurch - Verkehrschaos vorprogrammiert. Den längeren Besuch der Stadt lege ich auf den späten Nachmittag. Das hat Vorteile, zum einen parkplatztechnisch, zum anderen sind die Tagesausflugsreisenden aus Malta dann weg. 

Die Stadt bietet allerlei alte Gässchen und hoch darüber thront die Zitadelle. Die Festung wurde bereits zur Zeit der arabischen Herrschaft angelegt (Rabat heißt "von Mauern umschlossen) zum Schutz vor Piratenangriffen. Später wurde sie von den Johannitern weiter ausgebaut. Hochsteigen lohnt, vor allem wegen der schönen Ausblicke über die halbe Insel.

Zitadellenhügel über Victoria


... von vielen Ecken der Insel aus zu sehen

Der Baustoffliferant hat recht, das Motto ist hier: nach oben, über viele Treppen

Kathedrale in der Zitadelle, gegen Abend menschenleer bis auf zwei Päpste

Moderne Zeiten im alten Gemäuer

Beim Bummel durch die Gassen dürfen Pastizzi nicht fehlen. Der typisch maltesische Snack besteht aus Blätterteigschiffchen, gefüllt mit Ricottakäse oder einem Erbsenmus. Ich bevorzuge die Käsevariante. Zwie davon kosten einen Euro und sind eine vollwertige Mahlzeit. Ebenfalls Pflicht ist ein Besuch in Tapie's Bar, eine Institution. Im Inneren sitzen gefühlt 1000 Jahre Knast beim Bier, draußen sitzt das normale Volk. 

Pastizzeria

Tatie's Bar

Hauptplatz von Victoria, gemütlich

Irgendwo in den Gassen

Shopping in der Hauptstadt

Die Souvenirs natürlich maltesische Handwerkskunst

Ein Thema sind hier streunende Katzen, hört man. Das gilt wohl für die ganze Insel, obwohl ich kaum eine Katze zu Gesicht bekomme. Jedenfalls werden alelrlei Gegenmaßnahmen ergriffen. Ich muss beispielsweise bei der Abreise die Müllbeutel an eigens angebrachte Haken an die Hauswand hängen, wird mir aufgetragen. Wegen der Katzen.

Auf keinen Fall füttern, die Viecher

Vor dem Haus aufgestellte Wasserflaschen sollen Katzen fernhalten. Sicher ein Aberglaube.

Wie angeordnet hinterlasse ich den Müll katzensicher

Gozo

Ich wollte doch etwas schreiben, jetzt aber ... Lufthansa brachte mich (mit Maske) zügig nach Malta, wo ich erst einmal den bewusst handlichen Mietwagen übernahm. Rechtslenker, klar, das macht es zunächst etwas unübersichtlich. Kleinformat erweist sich bei den teils eher schmalen Sträßchen als vorteilhaft, bei der Suche nach den sehr raren Parkplätzen ebenfalls.

Ich muss einmal quer über die Insel Malta. Ohne Navi wäre man ziemlich verloren, es wurden diverse neue Straßen gebaut angesichts des doch enormen Verkehrs und gefühlt 100 Kreisverkehre trennen mich vom Fähranleger. Die mehrspurigen Kreisverkehere schließe ich sogleich ins Herz. Hier wird munter kreuz und quer gefahren, Laster vorlassen und ansonsten irgendwie durchwurschteln, will man nicht für den Rest der Tage seine Runden drehen. Mit der Fähre geht es sodann in 20 Minuten hinüber auf die kleine Insel Gozo, die als das gemächliche und eher ländliche Malta gilt. 

So ist es dann auch, allerdings staut sich der Verkehr hier auch ab und an vor etlichen Engpässen, die nur für eine Spur Platz bieten. Ansonsten fährt man häufig an den allgegenwärtigen groben Steinmäuerchen vorbei. Die sind stabiler als Außenspiegel, soviel kann ich jetzt auch sagen. Mit dezentem Spinnennetzmuster auf der linken Seite erreiche ich dann meine Unterkunft, die hält, was sie versprach.

Dachterrasse mit integrierten (Whirl-)pool, fein

Ein Supermarkt, auch eher selten anzutreffen, findet sich nahe der Hauptstadt. Das nötigste für die kommenden Tage muss besorgt werden, wenigstens das Frühstück wird selbst gemacht.

Was macht man so ein paar Tage auf Gozo? Die Ruhe genießen, abends auf der Terrasse passiert außer Vögeln und einem Hund wenig Geräusch, morgens kräht wie es sich gehört der Hahn. Spätestens um 9 klappt man auf Gozo die Bürgersteige hoch, mir ist es recht. Dafür kann man gut früh aufstehen, das lohnt immer. Spazieren an der netten Steilküste, Dörfer angucken, es gibt genug zu tun. Mit dem Auto hat man die Insel zügig gesehen, jedenfalls die Ecken, die ich mir ansehen wollte.

Dazu gehören die Tempel von Ggantija. 5600 Jahre alt galten sie lange als älteste Steinbauwerke der Welt, sie entstanden lange vor den Pyramiden. Inzwischen wurden aber die ältesten Bauerke in der Türkei (Göbekli Tepe) datiert. Man muss sich mir den Bauerken ein wenig beschäftigen, sonst ist wenig zu sehen außer halt großen Steinen. Die liegen am Hand in schöner Landschaft, das macht den Rundweg so oder so lohnend. 

Reste vom uralten Tempel
Rundherum typische Landschaft

Schon seit den Phöniziern hinterließen Touristen Inschriften

Das zum Tepel gehörige Dorf (oder umgekehrt) sehe ich mir auch noch an, ich bin zu früh für den Einlass. Verschlafene Gässchen und auffällig viele Metzgereien finden sich hier.

Gegen Metzger Sam ...

... setzt sich Jimmy vom Ambiente deutlich ab

Gut aufgeräumter Laden, auch farblich

Von der Ausleihe eines Anzugs habe ich letztlich Abstand genommen, auch, weil der Laden eh zu war

Nicht weit von "meinem" Dorf liegt mitten in der Pampa die Wahrfahrtskirche Ta Pinu, bei Pilgern des ganzen Archipels und darüber hinaus populär. Ein kleiner Stopp erfolgt auch hier, wenn man schon mal da ist.

Ziel vieler Wallfahrten

Der Chef war auch da, einen Monat vor mir

Gegend, typisch

Der Klerus setzt weiter auf Maske

Auch typisch: Ensemble aus Kirche und Telefonzelle bietet fast jedes Dorf

Die Küste lockt hier weniger mit Badestränden. Dafür gibt es jahrhunderte alte Salinen, die heute noch in Betrieb sind und von einigen angestammten Familien bewirtschaftet werden. Natürlich kaufe ich dort ein Säckchen Fleur de Sel, kann man immer brauchen.

Vor langer Zeit angelegte Salinen

Darin herumlatschende Touristen sind eindeutig unerwünscht

Versteckt haust der Salzverkäufer

Ein (erfolgloser) Versuch, ein gepriesenes Fischlokal aufzusuchen, verschlägt mich nach Xlendi [Schlendi]. Die Tourismusindustrie preist den Ort nach wie vor als "Fischerdorf" an. Von Idylle ist dort aber schon lange keine Spur mehr. Wer hier Urlaub macht, ist selbst schuld.

In einer versteckten Ecke gibt es noch Fischerdorf-Idylle

Ansonsten ist Xlendi zum Davonlaufen

Statt Fischlokal gibt es heute nur Baustelle. Das ist nicht weiter schlimm, auch andere Küstenorte bieten leckeres. Die westliche Steilküste der Insel besuche ich natürlich auch. Lange Jahre zierte das "Azure Window", ein riesiger Felsbogen, die Titelseiten sämtlicher Malta-Reiseführer. Vor ein paar Jahren stütze der gesamte Felsen ins Meer und verschwand. Ohne die Touristenattraktion geht es nun gemächtlicher zu an diesem Teil der Küste.

Steilküste am Abend

Sonnenuntergänge ohne Wolken sind wenig fotogen