Mittwoch, 1. Januar 2020

Jahreswechsel

An "Merry Christmas" und "Happy New Year" Wünschen herrscht, inklusive bunt blinkenden Weihnachtsbäumen, in Hotels, Restaurants und Geschäften kein Mangel. Im gesellschaftlichen Leben indes spielt der westliche Jahreswechsel eine eher untergeordnete Rolle, schließlich feiert man hier das eigene Neujahr gleich mehrere Tage mit dem Wasserfest. Die Stadt ist also schon abends um acht verschlafen wie eh und jeh, Festivitäten beschränken sich offenbar im wesentlichen auf die besseren Hotels und ein paar andere Lokale.
Zu meinem Aendessen gehörte neben "scharf" auch nett geschnitztes Gemüse

So die bewährte Skybar Yangon-Yangon, die ich alleine schon wegen des Ausblicks auch heute besuche. Doppelter Eintritt, dafür gibt es Livemusik einer lokal scheinbar bekannten Band, die burmesischen Rock und Blues zum Besten gibt. Die vorhandenen Sofa-Sitzecken sind natürlich alle vorreserviert, ich finde aber noch einen Stehtisch nebst Hocker. Das teuere Bier kommt heute in Plastikbechern und die Dachterrasse ist voll wie nie. Das Publikum ist überwiegend einheimisch und lässt Flaschen Whisky auffahren, wenn schon, denn schon.

In der Skybar wird musiziert

Ob es ein Feuerwerk zu sehen gibt? Ich bin gespannt. Jedenfalls hat der Straßenhandel in Chinatown entsprechendes angeboten, sah ich heute bei meinem Spaziergang durch die Innenstadt. Nachts wird es geradezu frisch mit 21 Grad, entsprechend ließ sich der Vormittag angenehm mit Umherlaufen in der Stadt zubringen. Meine Frühstücksroutine erlebte zunächst eine Änderung, eine bewährte Suppenküche um die Ecke existiert irgendwie nicht mehr. Das ist nicht weiter schlimm, denn Mohings bekommt man so ziemlich in jeder Gasse, aber bisher nirgends so gut wie in der Stammküche (as ich mir wahrscheinlich nur einbilde). Suppengestärkt beobachte ich das übliche bunte Treiben auf den Straßen ohne konkretes Ziel.

Doch, ein Ziel gibt es für später noch: die "Cinema Street". Das ist eine dieses Jahr fertig gestellte Hinterhofgasse, die im Rahmen der Aktion #Yangonwalls bemalt wurde und sich Themen rund ums Kino widmet. Vor Jahrzehnten war eben diese Gasse wohl Drehort eines (hierzulande) bekannten burmesischen Films, daher ergab sich das Thema. Nach uns nach werden immer mehr der einst heruntergekommenen Hinterhöfe lebenswert umgestaltet, ich berichte schon letztes Jahr hier darüber.

Cinema Street

Zurück in die Skybar, die Band rockt, das Bier ist kalt und so langsam darf es aber doch Mitternacht werden, auf dem Hocker sitzt man sich ein wenig den Ast ab. Nach zwei Stunden beschließe ich, noch einen Ortswechsel vorzunehmen, im Zweifel kann ich ja wiederkommen. Keine schlechte Entscheidung, ich lande zunächst in einem winzigen Restaurant unweit des Hotels, Gitarrenspiel und Gesang lockten mich herbei. Die Restaurantbelegschaft macht hier halbwegs Familienfeier, alle haben schon reichlich getankt und die Stimmung könnte nicht besser sein. Nach allerlei handgemachter Musik holt die Chefin den Ghettoblaster und alle eskalieren, herrlich. Mandarinen gibt es auch noch für alle, das ist offenbar Brauch zum neuen Jahr.

Rechtzeitig kurz vor zwölf verlasse ich den lustigen Laden und laufe einmal um die Ecke ins quasi Zentrum von Downtown. Hier steht die Sule Pagode als Mittelpunkt der Altstadt, umgeben von Rathaus, Kathedrale und dem Mahabandoola Park inklusive Unabhängigkeitsobelisk. Die breite Hauptstraße ist komplett zugestellt mit hunderten von Autos, ich bin wohl am richtigen Ort. Dann Mitternacht, ein einminütiges Minifeuerwerk steigt in den Himmel, die hunderten Autos liefern ein Hupkonzert dazu und alles schreit happy new year. Großartig. Das ganze Spektakel dauert kaum fünf Minuten, dann fließt der Verkehr wieder und Stille sinkt über die Stadt. Ein Jahreswechsel könnte schlechter ausfallen, meine ich.

Man findet sich ein vor Pagode und Rathaus
... und der heftig beleuchteten Kathedrale des heiligen Herzes
    

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