Mittwoch, 1. Januar 2020

Der Segen des großen Großvaters

Am Neujahrsmorgen erscheint pünktlich der von mir arrangierte Fahrer, der mich als erste Etappe heute zum Goldenen Felsen transportieren soll. Doch bevor es auf die etwas vierstündige Fahrt geht, steht ein Stop in den Außenbezirken Yangons an. Dort wollen wir den Shwe Nyaungbin Bobogyi aufsuchen, den Schrein des Nat Bobogyi.

Nats sind eine Art Geister aus der vorbuddhistischen Zeit, die nach wie vor Verehrung und Ehrfurcht genießen in Myanmar. Es gibt hunderte von ihnen, Geister sind quasi überall und jeder hat einen eigenen Zuständigkeitsbereich. In jeder Pagode findet man neben den Hauptakteur Buddha auch immer den ein oder anderen Nat, der mit Gaben gütig gestimmt werden will. Unter den Nats gibt es den Patheon der 37 wichtigsten „großen Nats“. Gleichwohl Bobogyi, der große Großvater, nicht zu dieser Elite zählt, genießt er hohes Ansehen.

Nats kommen meist mit allerlei Gefolge daher

Zum Zuständigkeitsbereich von Bobogyi zählen, man ahnt es, das Transportwesen und die Fahrzeuge. Also finden sich von Lastwagenfahrer bis zum Taxichauffeur viele, die ein Fahrzeug steuern, am Schrein ein, um sich den Segen für eine gute Fahrt zu erwerben. Hierzu bestellt man eine sogenannte Pwe, eine spezielle auf den jeweiligen Nat abgestimmte Zeremonie. In unserem Fall sieht das so aus: eine Schale mit Gaben wie einer Kokosnuss und diversen Bananen wird zunächst eingeräucht und dann unter gemurmelten Beschwörungen der kundigen Zeremonienmeisterin vor dem Nat herumgeschwenkt. Letztlich wird die Opferschale der Sammlung zu seinen Füßen hinzugefügt. Dann ist das Fahrzeug an der Reihe. Ein Büschel Kraut wird am Kühler befestigt, dann das Auto mit Räucherwerk umkreist und schließlich mit einem nassen Lappen besprenkelt an verkehrswichtigen Stellen wie Rädern und Scheinwerfern. Schließlich muss der Fahrer mehrfach eine Zentimeter zurück und wieder vor fahren, wobei jeweils zu Hupen ist. Fertig. Ein paar Euro sind zu überreichen und Bobogyi ist mit uns.

Vorbereitete Gaben...


... werden Herrn Bobogyi dargeboten
Zusätzlich hilft heiliges Gestrüpp am Kühler

Dem Segen zum Trotz ist mein Fahrer Min Hein ein recht griesgrämiger Typ, lächeln sah man ihn nie, dafür ist er ein Meister der Lichthupe. Leider spricht er etwa so viel Englisch wie ich Burmesisch, was die Konversation erheblich reduziert. Egal, der Wagen ist bequem und nach vier Stunden ist Kinpun, das Basislager für die Fahrt zum Goldenen Felsen erreicht. Dort geht es dann später weiter mit dem Bericht.

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