Mittwoch, 28. Januar 2015

Komische Vögel

Die letzten beiden Tage verweilte ich in Galle, um die Verwechselung mit Organen auszuschließen spricht sich das englisch betont sinnvoller Weise "Gawl". Genauer gesagt war ich in Galle Fort, was, im Gegensatz zu den meisten so benannten Stadtteilen anderenorts, tatsächlich noch ein komplettes Fort ist. Mit Mauern und Bastionen und allem was zur Verteidigung dazugehört, einst von den Holländern erbaut. Es schadet ja nicht, auf jeder Reise wenigstens einen von der UNESCO zum Weltkulturerbe gekürten Ort aufzusuchen, hier ist er also, ein Festungsareal mit mehr oder weniger erhaltener Bebauung, die überwiegend so 200-300 Jahre alt ist. Die alten Häuser sind teils vom Tropenklima erfolgreich zernagt, überwiegend aber pittoresk instandgesetzt und beherben entweder ein Hotel, oder einen Kunsthandwerkladen, oder einen Juwelier, oder ein Restaurant - oder gleich alles zusammen.

Man ahnt es schon, da sagnze ist eine Art Freilichtmuseum mit Touristenrummel erster Güte, es erinnert ein wenig an Städte wie Malakka in Malaysia oder Hoi An in Vietnam. Das verkehrsarme Städtchen hat aber unbestritten dennoch einen gewissen Charme. Die meisten Touristen wohnen eh an umliegenden Stränden und kommen nur tagsüber mal vorbei, ansonsten herrscht relative Ruhe. Die endet spätestens um halb acht morgens, dann singen die 450 Mädchen des benachbarten Girls College gemeinsam playback die Nationalhymne. Etwa zeitgleich macht sich die Trommel- und Trompetengruppe des Boys College zu Übungszwecken auf den Marsch (tatsächlich) in die meiner Herberge gegenüber liegende Grünanlage. Mich tangiert das alles allerdings nicht, da ich beide Tage um fünf aufgestanden bin. Hier will man nicht den Sonnenaufgang verpassen. Das Personal des Guesthouse ist sicher glücklich über meine heutige Abreise, zwecks Türöffnung musste ich sie nämlich immer gegen halb sechs auf dem Bett klingeln.

Sonnenaufgänge gestalteten sich recht ansehnlich und luden zur Aufnahme von Zeitraffern ein.

Das leitet über zum Titel, früher Vogel und so weiter. Beim morgendlichen Spaziergang begegnete mir ein ganz hübscher Vogel, der allerdings recht merkwürdige Geräusche von sich gab. Erinnerte mich ein wneig an ein 28k Modem aus den Anfangszeiten des Internet.

Vogel, braucht ein Update der Soundcard
Nur wenig später kreuzte eine Schlange meinen Weg. Verdammt flott unterwegs das Tier und geschätzt an die zwei Meter lang. Ein schnelles Foto war möglich, dann war das Vieh auch schon im Gestrüpp verschwunden und unsichtbar. Vielleicht besser so, auf der Hitliste der tötlichen Schlangenbisse rangiert Sri Lanka mit auf Spitzenplätzen.


Schlange auf der Flucht.
Die eigentlichen komischen Vögel trifft man auf der nahe gelegenen höchsten Bastion. Hier trifft man meist auf junge Leute, die sich, gegen Trinkgeld versteht sich, kopfüber von der Bastion zwischen Felsen hindurch ins Meer stürzen. Wichtig ist dabei allerdings, eine Art "Loch" im meeresgrund zu treffen, da das Wasser ansonsten nur bauchnabeltief ist. Das käme dann bei einem Sprung aus 10, 12 Metern Höhe eher ungesund. Mangels zahlungswilliger Kundschaft passiert erstmal nichts und ich habe Gelegenheit, mich eine ganze Weile mit einem der Klippenspringer zu unterhalten. Wie kommt man auf so etwas? It's a job, die grinsende Antwort. Not macht erfinderisch, irgendwie muss man ja die Familie ernähren. Mit 15 habe er angefangen, von allerlei Felsen zu springen und dann dazu gelernt, immer höher, immer präziser. Zum Gelderwerb betreibt er das Klippenspringen, seit der Tsunami seine spärliche Existenz weggespült har.

Die Wellen erreichten 2004 fast die Mauerkronen des Forts, hier blieb es aber trocken. Nicht so in den anderen Ortsteilen von Galle, wo hunderte ums Leben kamen. Im Süden und Osten traf der Tsunami auf Sri Lanka, hier gab es etwa 50.000 Tote. Auch in Mirissa, wo ich mich zuvor aufgehalten hatte, war alles zerstört, was man dort heute am Strand stehen sieht. Ein paar wenige Ruinen sind immer noch zu sehen im Hinterland, meine Vermieter erzählten mir davon und zeigten Schäden in der Gartenmauer.

Letztlich schaue ich mir noch den ein oder anderen der waghalsigen Sprünge an und gebe angemessen Geld. Irre ist auch, wie die Jungs affenartig aus dem Meer wieder die Felsen und die Bastion hochklettern, freeclimbing für Fortgeschrittene. Leider kam mir zu spät die Idee, meinem Gesprächspartner für den Sprung die GoPro Kamera in die Hand zu drücken. Am kommenden Tag versuche ich das noch, allerdings ist mein spezieller "Springer" nicht da und seine Vertretung ist mir zu unsympathisch. Schade, hätte eine interessante Aktion werden können.

I wanna fly ...
Die restliche Zeit bin ich damit beschäftigt, Galle Fort auf den Mauern zu umrunden und durch die Gässchen zu streifen. Schwierig ist die Suche nach einem Barbier. Fündig wurde ich schließlich im Gebäude des YMBA, das buddhistische Pendant, wo im Hinterzimmer das Friseurhandwerk ausgeübt wird.

Morgentliches Zeitungslesen im YMBA
Hitzebedingt lasse ich es ruhig angehen. Einige schöne Dachterassen mit Gastronomie findet man hier und verweilt dort gerne. Nach einem halben Tag hat man eh alles gesehen, viel mehr bietet Galle nicht. Ich kann mich aber nicht aufraffen, in die Neustadt zu laufen oder zu einem der Stände zu fahren und genieße vor Ort den Müßiggang. Außerdem bin ich bei jedem Sonnenauf- und -untergang zur Stelle und nehme Zeitraffer auf, prächtige Farben hat es teilweise.

Singhalesen unterm Schirm zeigen an: a) es regnet oder b) es ist scheiß heiß
Manch einer wartet auf bessere Zeiten
Man soll ja keine schlafenden Hunde wecken. Ob der Japaner das auch weiß?
Überall, wo die Engländer mal das Sagen hatten, bauten sie erstmal einen Uhrenturm. Vermutlich getrieben von der Sorge, abgelenkt durch die dauernde Unterjochung von Wilden den täglichen fünf-Uhr-Tee zu versäumen. 
Der Stein des Anstoßes. Wer sich so einen Kürbis (?) oder was auch immer in die Eingangstür hängt, hat gute Geschäfte zu erwarten. Und verhindert, dass zu große Leute rein kommen.

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