Donnerstag, 10. März 2011

Dharavi

Daharavi ist ein Stadtteil von Mumbai suedlich des Flughafens, mitten in der Stadt, der als einer der groessten Slums Asiens gilt. Bekannt wurde Dharavi durch den Film "Slumdog Millionaire", der hier teils gedreht wurde.

Wir besuchten dieses Viertel. Zuvor hatte ich um drei Ecken Kontakt per Mail zu einem der Bewohner, Mohammad, der sich als Guide fuer Besuchswillige anbietet. Das schien mir keine schlechte Idee, denn die Orientierung in den Gassen dort ist alleine kaum moeglich. Also haben wir uns nun telefonisch verabredet und sind zur nahe gelegenen Bahnstation gefahren.

Die Vorortzuege in Mumbai haben ihren eigenen Charme, der im wesentlichen darin liegt, dass sie meist total ueberfuellt sind. Wer mit will, muss sich unter erheblichem Ellenbogeneinsatz in die alten, aber unkaputtbaren Waggons draengeln, was wir erfolgreich tun. Fuer wenige Cent werden wir dafuer quer durch die riesige Stadt befoerdert und erreichen Dharavi. Dort begruesst uns erst Mohammad, dann ein "Welcome" auf der ersten Wellblechhuette.



Man sollte jetzt nicht meinen, dass Slum hier Not und Elend pur bedeutet, dann waere so ein Besuch auch eher fragwuerdig. Nein, wir haben es hier mit dem - zugegeben sehr einfachen - Lebensraum von einer Millionen Menschen zu tun. Es gibt unzaehlige kleine Werkstaetten und Gewerbe, der Slum erwirtschaftet jaehrlich angeblich ueber eine Milliarde Dollar. Wir sehen Faerber, das Recycling von Plastik, Toepfer, Papierhersteller und so weiter. Vor allem fuer das Ledergewerbe ist das Viertel bekannt, sogar aus den guten Gegenden Mumbais kommen die Leute, um Guertel und andere Lederwaren zu erwerben.



Wir fuehlen uns nicht als "Stoerfaktor", sondern werden wie immer recht freundlich aufgenommen von den Leuten. Alle haben etwas zu erzaehlen oder zu zeigen, hier ist man oft stolz auf das erreichte, nicht zu unrecht. Es gibt natuerlich auch Teeverkaeufer, Restaurants, sogar Banken. So sehr unterscheidet sich Dharavi nicht von anderen einfachen Wohngegenden in Indien. Es wirkt nur durch die Ausmasse geballt und zunaechst erschrekend, ein endloses Meer aus kleinen Haeusern und Huetten, dichtgedraengt, mit winzigen Gassen dazwischen.



Wir besuchen auch Mohammads Familie, sein Vater arbeitet in seiner kleinen Schneiderwerkstatt. Diese, ein Raum von vielleicht 20 Quadratmetern, beherbergt allerdings auch fuenf Menschen, die hier leben. Dafuer werden monatlich 2000 Rupien (etwa 30 Euro) Miete an einen der "Slumfuersten" gezahlt. Selbige vermieten hier Boden, der ihnen selbst nicht gehoert. Dafuer regeln sie alles noetige mit den Behoerden, bestechen, sorgen fuer die Stromversorgung und weitere Infrastruktur. Solange, wie der eigentlich illegale Slum nicht abgerissen wird. Das droht Dharavi seit einigen Jahren. Das Land, mittlerweile im Herzen der Stadt, waere Milliarden wert fuer Investoren. Doch bisher konnten sich die Millionen Bewohner erfolgreich gegen eine Umsiedlung in Neubauten wehren. Diese liegen naemlich dann meist weit ausserhalb am Stadtrand und den Leuten wird damit die Erwerbsgrundlage genommen. Trotz aller Probleme, etwa der mangelhaften Kanalisation, leben sie lieber hier, wo sie alles selbst geschaffen haben und die Stadt, die vielen Arbeit bietet, gut erreichbar ist. In Neubauten koentte man ausserdem nur wohnen, wo sollen dann die ganzen Werkstaetten betrieben werden, fragen die Menschen zu recht.

Fuer uns war es ein sehr eindrucksvoller Nachmittag, der wieder Einblicke in eine voellig andere und unbekannte Welt geoeffnet hat.

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