Sonntag, 17. Februar 2013

Ho, Ho, Ho-Chi-Minh-Stadt

Vorausschauender Optionbuchung sei Dank ist es gelungen, für einen überschaubaren Obulus in die Business-Class zu wechseln. Was soll ich sagen? Einfach geil! Wenn man nicht gerade mit Getränken oder erstaunlich schmackhaften Speisen belästigt wird, was in hoher Frequenz passierte, kann man in wirklich bequemen Liegesesseln dahin vegetieren. Naja, zu bemängeln wäre, das bei maximaler Höhenverstellung der Fußstütze und maximaler Rückenlehnenverstellung des Vordermanns die Zehenspitzen Kontakt zu dessen Lehne bekommen. Schlimm, das. Also im Ernst, ich hoffe, das klappt auch für den Rückflug, bei 12 Stunden ist das ein echter Gewinn und die Zeit vergeht, tja, wie im Fluge. Vor lauter Bequemlichkeit bin ich noch nicht einmal dazu gekommen, mir einen Film anzusehen ("Django uncained" gab's eh nicht).

Sehr pünktlich in Ho-Chi-Minh-Stadt (ich schriebe zukünftig: Saigon) angekommen, traf mich zuerst der Temperaturschock. 24° morgens um sieben sind natürlich noch human, aber eben auch tropisch feucht und aus dem deutschen Winter kommend wie ein Saunabesuch. Die diversen Einreise- und Zollformulare hat man zwischenzeitlich abgeschafft und im Rekordtempo passiere ich den bemüht grimmigen Immigrationsbeamten. Dann steh ich da, zwischen den gefühlt 100 Namensschildern ist mein "Abholer" nicht aufzutrieben. Ein Anruf im Hotel bestätigt: Unfall, was weiß ich, jedenfalls: da kommt keiner. Also zurück in den Flughafen (was gar nicht so einfach ist, eine Wache will's verwehren), um Geld zu wechseln (der Automat war leider kaputt) und dann ein Taxi zu schnappen. Das klappt reibungslos und der Fahrer kutschiert mich gemächlich, aber den Prepaid-Preis einhaltend und nicht um Trinkgeld feilschend, zur gewünschten Adresse.

Dort lade ich mein Gepäck ab und habe erst einmal Zeit, das Zimmer ist erst in zwei Stunden zu beziehen. Also erst einmal einen Eiskaffee, das können die in Vietnam gut und es wird auch allmählich mächtig warm. Alles sonst nötige kann ich auch gleich organisieren, also eine SIM Karte für das Telefon kaufen und eine zweitägige Tour in's Mekongdelta buchen. Am Geldautomaten stelle ich Liquidität her und hebe den Höchstbetrag ab, schlappe vier Millionen. Bei vietnamesischen Dong heißt das aber nichts, das sind gerade einmal 160 Euro.

Nach dem Zimmerbezug (klein, aber ok, mit Kühlschrank, Bad und Klimaanlage für gerade mal zehn Euro) ist ein Mittagsschlaf von Nöten. Das Hotel wird immer noch von der gleichen Familie betrieben. Der Sohn, der heute an der Rezeption sitzt, war bei meinem letzten Besuch noch ein Dreikäsehoch, wie wir schnell feststellen.
Morgens vor dem Hotel (das höchste der schmalen Häuser)
Aber in neun Jahren ändert sich eh vieles, wie ich feststelle. Nicht nur die Nachkommen sind gewachsen, auch die Häuser. Saigon hat sich eine respektable Hochhaussilhouette zugelegt, dafür wurden die Dörfer (oder auch Slums) jenseits des Flusses eingeebnet und das ganze wird sicher in Kürze auch hochhausbebaut. Mein erster Spaziergang in das Zentrum ernüchtert, irgendwie erscheint mir das hier alles zu sortiert, zu sauber. Trügen mich meine Erinnerungen oder bin ich nach fünf Indienreisen einfach zu blind in solchen Dingen? Ich bin mir nicht sicher, aber Saigon habe ich anders im Kopf. Im Zentrum wetteifern Armani, Gucci, Rolex uns Konsorten um die Gunst der "Shopper", la-ng-wei-lig... das ist wie in Dubai, New York, Berlin, Haste-nicht-gesehen. Den Vietnamesen sei es gegönnt, gar keine Frage, aber ich glaube, die kaufen hier nicht allzu oft ein. Als Einkaufsdestination für Besserverdienende hätte ich Vietnam bisher nicht beschrieben, heute scheint das aber so zu sein. Ach ja, auch die Fastfood-Ketten aller coleur sind mittlerweile an Bord und die Preise entsprechend. Der Verkehr ist mäßig, es ist Sonntag, aber eins schockt mich dann doch: ich gehe über eine seltsamer Weise existente Fußgängerampel (!) und die meisten Fahrzeuge bleiben stehen (!!!).

Immer das Neuste - Zeitungswiederverkäufer
Ich fahre auf den neuen Bitexco-Tower, immerhin fast 300 Meter hoch, um mir für teuer Geld einen (dunstigen) Überblick zu verschaffen. Dann geht es weiter zum alt-ehrwürdigen Hotel Rex, seinerzeit Standort für die Presseverlautbarungen des US-Kommandos. In noch früheren Zeiten war es eine Autowerkstatt und diesen Charme versprühte es auch noch, zwar nobel, aber kitschig und irgendwie vietnamesisch. Der Kitsch ist fort, es wurde mächtig aufpoliert, aber der Blick von der Dachterrasse passt noch immer (auch wenn der Begleitcocktail schon happig teuer ist).

Der Sozialismus lebt - auch vor dem Bitexco-Tower
Saigon heute
Saigon gestern - das alte Rathaus
Zum Abendessen laufe ich zum "Bó Lung Xeo", was ein einzigartiges Grillrestaurant ist. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Nach wie vor hat der Laden den Charme einer Großgarage, in der megenweise Bier konsummiert wird und man alles auf den Grill wirft, was Beine hat (von den Tischen und Gästen mal abgesehen). Auf allen Tischen qualmen die kleinen Kohlegrills und man kann von Frosch über Salamander bis zum Krokodil so ziemlich alles rösten. Ich bleibe beim Tintenfisch und dem marinierten Rind, das dem Laden seine Namen gab, eine Köstlichkeit. Es ist Sonntag, bei der vietnamesischen Großfamilie am Nebentisch stehen schon zwei Kästen Bier unter dem Tisch, man feiert. Sonst würde man auch kaum irgendwo Einklötze im Bierglas akzeptieren, hier ist das üblich und passend. Und natürlich darf man rauchen, es ist eh alles verqualmt. Zusammen gefasst: ein Laden, in dem es sich aushalten lässt.

In der Grillbude
Ich halte auch länger aus als geplant. Ein älterer Herr vom Nachbartisch gesellt sich zu mir. Herr Loc ist 70 und ehemaliger Direktor eines Krankenhauses, er spricht vier Fremdsprachen und weiß vieles zu erzählen. So nimmt der Abend noch eine unterhaltsame Wendung und es werden doch noch ein paar Bier mehr bestellt. Wieder eine Begegnung, die kaum zustande gekomen wäre, wäre ich nicht alleine unterwegs.

Dekorationen zum Neujahr (das chinesische Mondneujahr ist gerade erst vorüber)
Zurück in meiner Straße stelle ich fest, dass hier zwischenzeitlich auch "Partytime" ausgebrochen ist. Ich wohne im "Backpacker-Viertel" von Saigon, wo der Trubel doch erheblich zugenommen hat. Mit dem Unterschied zu anderen Orten, dass sich viele Einheimische tummeln und die mittlerweile zahlreichen "Biergärten" mit nutzen. Nah Sonnenuntergang werden allenorts Plastikstühlchen auf die Straße gestellt, billiges Bier ausgeschenkt und der Rest kommt von selbst. Oder auch aus den Lautsprechern, die sich um Beschallung der gesamten Straße bemühen. Fast wie in Bangkok hier, nehme ich erstaut zur Kenntnis.

Zeitig ruft das Bett, es gibt ja noch mehr zu tun morgen. Fotos werden vielleicht später noch nachgeliefert, aktuell ist mir das zu anstrengend. Hallo, es is Urlaub!

4 Kommentare:

  1. Hallo!? Keine Fotos? Peter?? Netter Tagesbericht! Hier vom kalten AC aus werde ich gerade ein wenig neidisch und die Malaysia Grillgerüche werden wach. Viel Vergnügen! J.

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  2. Gar mühsam ist das Tagewerk, da ist es nicht immer dazu angetan, das gemeine Volk mit Bildchen zu verwöhnen. Die visuelle Zugabe gibt's heute.

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    1. Aha! :) Ich vermute Saigon gestern ist trotzdem von heute?

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  3. Ähm, das beantworte ich morgen.

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