Freitag, 23. Juni 2023

Und hinter den Bergen das Deutsche Reich

Den südlichen Zipfel von Fuerteventura bildet die Halbinsel Jandia, einst eine eigene Insel, bis Jahrtausende von herbeigewehtem Sand die schmale heutige Landverbindung schufen. Längs über die Halbinsel verläuft die höchste Bergkette der Insel. Im Nordosten gehen die Touristenzentren Jandia und Morro Jable nahtlos ineinander über längs langer Sandstrände, doch hinter Morro Jable ist die zivilisierte Welt zu Ende. Da muss man also hin.

Das dachte sich 1937 auch die deutsche Regierung. Was genau man hier wollte, ist unklar, jedenfalls wurde die Halbinsel von Franco gepachtet und mit Zäunen abgeriegelt. Der U-Boot-Ingeneur Gustav Winter ließ sich hier eine Art Bergresidenz im Stile von Hitlers Berghof in Berchtesgaden errichten und herrschte fortan als Don Gustavo, "un Kaiser buono", über die Halbinsel mit ihren Ziegenhirten und Fischern. Fun fact: der Pachtvertrag lief noch bis 1962, solange war Jandia quasi in deutscher Hand. Wohl auf persönliches Betreiben Francos gingen dann immer noch viele Hektar Land in den Besitz von Familie Winter über, die das ganze dann irgendwann verscherbelten. 

Villa Winter, heute im Zerfall begriffen

In Morra Jable beginnt eine Schotterpiste, die über einen Bergpass auf die Westseite der Halbinsel führt. Man holpert langsam voran durch gottverlassene Gegend, klettert in Serpentinen den Pass hinauf und auf der anderen Seite herunter in das Dörfchen Cofete. Das Dorf wäre nicht weiter der Erwähnung wert, läge es nicht oberhalb eines 12 Kilometer langen einsamen Sandstrandes. Der Strand von Cofete ist dank der schweren Erreichbarkeit unbebaut und völlig naturbelassen, auf der Liste der tollen Strände der Welt findet er sicherlich einen Platz. 

Hinter Morro Jable geht es in die Wildnis

Ziegen die auf Männer starren

Das einzige Gehöft auf dem Weg nach Cofete

Von der Passhöhe schaut man auf den Strand herunter

Wo die bunten Fahnen wehen: Cofete

Vom Winde verweht: alter Friedhof am Meer

Viel Strand, viel Platz

Blick hinauf ins Dorf

Schwimmen sollte man ob der gefährlichen Strömungen unterlassen

Doch, ein schöner Flecken Erde. Das Schild in Namibia hat immer recht: difficult roads often lead to wunderful places. Gleich zweimal mache ich mich auf den Weg hierher, morgens und am späten Nachmittag. Der zweite Anlauf scheitert schon vor Beginn der Schotterpiste mit einer Reifenpanne. Zwei Stunden warten auf den Abschleppwagen (Reserverad gibt's ja heutzutage nicht mehr), per Taxi nach Hause und am nächsten Morgen zum Flughafen, Ersatzwagen holen. Herrliche Zeit und Geldverschwendung, aber was will man machen. Mit dem Ersatzfahrzeug gelingt der zweite Anlauf, leider ein Schaltwagen, die Automatik war auf solchen Pisten einfach unschlagbar. 

Es geht noch weiter ganz ans Ende der Halbinsel. Dort liegt das Dorf Puertito (kleiner Hafen) de la Cruz mit seinem Leuchtturm. Nein, den Ort muss man nicht gesehen haben. Quasi ausgestorben, nicht mal ein Kaffee ist zu bekommen und eine Atmosphäre zwischen High Noon und Geisterstadt. 

Puertito de la Cruz begrüßt Ankommende mit einer abgebrannten Wohnwagensiedlung

Kein Mensch dort, im Ort

Aber eine schöne Strecke längs der Küste

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen