Sonntag, 18. März 2012

Heiliges Varanasi

Ich war recht froh, Allahabad zu verlassen. Der Zug, der immerhin schon an die 2000 Kilometer hinter sich hatte, kam nur eine halbe Stunde verspätet, sehr schön. Am Bahnhofskiosk kaufte ich "Trains at a Glance", auf 300 Seiten enthält dieses Kursbuch für 50 Cent alle Züge, die auf den 64000 Bahnkilometern Indiens verkehren. Weiteres Wissenswertes wird kundgetan, eine ganz nette Lektüre für unterwegs. Über mehrere Seiten werden die unterschiedlichen Rabatte für Fahrkarten aufgeführt. Neben den üblichen Ermäßigungen für Senioren oder Kriegsversehrte gibt es zahlreiche teils recht exotische Rabatte. Weibliche Studentinnen aus ländlichen Gebieten sparen die Hälfte; Eltern, die ein Kind zur Verleihung der Ehrenmedaille begleiten, gar 75%. Auch Kadetten, die zu Navigationskursen der Handelsmarine unterwegs sind, reisen sehr preiswert. Ich fühle mich nun vollumfänglich informiert.

In Varanasi logiere ich wieder im Ganpati Guesthouse, ich finde, eine der schönsten Herbergen Indiens. Schön, wieder hier zu sein! Ein Genuss ist die Stille, abends auf der Dachterrasse sitzend. Kein Verkehrslärm stört, nur der Ganges fließt dahin und die Klänge der abendlichen Krishna-Zeremonie liegen in der Lufr. Wo sonst hat man eine solche Ruhe mitten in einer indischen Millionenstadt?

Varanasi, die ewige Stadt, lohnt immer einen Aufenthalt. Hier ist Schluß mit Müßiggang, zum Sonnenaufgang morgens um sechs bin ich am Gangesufer, wie tausende Pilger aus dem ganzen Land. Die morgentlichen Baderituale sind stimmungsvoll, Stunden lässt sich an den Ghats, den Treppen zum Wasser, verweilen.

Qualmender Gruß an die aufgehende Sonne
Man könnte meinen, Varanasi habe eine eigene Grußformel für Fremde entwickelt. Statt "hello" begegnet einem hier ein hundertfaches "boat?", das man entweder ignorieren, oder mit einem freundlichen "helicopter?" beantworten kann. Die Scharen der Schlepper und Händler suchen schon ihresgleichen, dazwischen finden sich aber unheinlich viele freundliche Menschen und interessante Begegnungen, wenn man sich Zeit nimmt. Die habe ich zum Glück.

Tee beim Baba
Immer wieder sind Menschen hier erstaunt, dass man kein Hindi spricht. Schon in Allahabad wurde ich manchmal nach dem Weg oder sonstigen Auskünften befragt, wobei ich sicher nicht wissend aussah, und man war immer irritiert ob der Sprachunkenntnis. Zumindest haben wir die gemeinsamen Wurzeln der indogermanischen Sprachfamilie. Nein heisst hier nahin, ja ist mit ha zu übersetzen, wo also ist das Problem.

Außer dem Flussufer ist das Labyrint der Altstadtgassen ein toller Zeitvertreib. Etwas lästig sind die hier verkehrenden Motorräder. Kaum dem Gefährt ausgewichen, wird man hinterrücks von einem Lastenkarren überrollt oder von einer Kuh über den Haufen gerannt. Ein notwendiges Ausweichmanöver drängte mich durch einen Vorhang in einen Ladeneingang und unversehents stand ich im Verschlag des ohnehin benötigten Barbiers, sehr praktisch. Mittlerweile finde ich das Hotel sogar von der Altstadtseite aus, was nicht unkompliziert ist. Gestern allerdings verperrte dann ein recht großer, hinkender Stier die entscheidende Gasse.

Dank Wifi in der German Bakery (wo es prima Frühstück und echten Kaffee gibt) komme ich mal wieder zum Schreiben. Leider funktioniert hier bei Wifi-Zugängen - warum auch immer - der Fotoupload nicht, es bleibt also vorerst beim schnöden Text.

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