Donnerstag, 13. März 2014

Hochland

Dalat im zentralen Hochland wurde einst von hitzegeplagten Franzosen erfunden. Der gestresste Kolonialbeamte wollte sich gerne in der klimatisch angenehmen Höhenlage erholen und erbaute das Städtchen inklusive Bahnhof (außer Betrieb) und hübscher Kathedrale. Als großzügige Gegenleistung für Eroberung und Ausbeutung ist ja allgemein üblich, den Wilden wenigstens die wahre Religion zuteil werden zu lassen.

Dalat im Zentrum
Da schwant einem nichts Böses - Tretbootfahren in Dalat
Heute ist vom französischen Dalat nicht mehr allzu viel zu sehen. Die Stadt kommt ohne große Höhepunkte eher beliebig daher. Die angepriesenen Sehenswürdigkeiten, etwa der stillgelegte Bahnhof oder spärliche Wasserfälle im Umland, verzücken allenfalls die einheimischen Touristen, die hier die Mehrheit stellen. Insbesondere als Kulisse für Hochzeitsfotos, die hierzulande in aufwändiger Prozedur vor der eigentlichen Hochzeit angefertigt werden, ist der Ort schwer beliebt.

Heiratswillige im alten Bahnhof
Ansonsten ist Dalat bekannt für Blumen. Die zahllosen in die Landschaft gestreuten Gewächshäuser lassen unschwer erkennen, hier befindet sich das Zentrum für die Aufzucht floraler Dekorationen. Der ausgesprochen häßliche Markt (ein Betonklotz, in den 60ern als Geschenk der USA errichtet) dient dann auch überwiegend als Umschlagplatz von Blumen aller Art, was dann doch hübsch anzusehen ist.

Flower-Power
Berühmt ist das zentrale Hochland außerdem für den Kaffee. Erstaunt las ich, das Vietnam der zweitgrößte Kaffeeproduzent weltweit ist und die Plantagen befinden sich überwiegend hier in der Region. Entsprechend ist der angebotene Kaffee in der Tat sehr schmackhaft und alleine die Straße, in der sich mein Hotel befindet, verfügt über geschätzt dutzende Kaffeeausschankbuden. Mit unseren Hochglanzkaffees oder gar standardisierten Ketten haben diese nichts gemein, es sind in der Tat eher Buden und das leckere Getränk wird in der Regel auf kleinen Plastikhöckerchen genossen. Dazu dröhnen vietnamesische Liebeslieder aus überdimensionierten Lautsprechern und ein Flachbildfernseher ist meist zusätzlich anzutreffen. Ich werde zum Stammgast im Etablissement „007“ schräg gegenüber meiner Herberge, wo man Eiskaffee trinken und dabei Tagelöhnern beim Kartenspiel zuschauen kann.

Kaffeeplantagen
Hier reift die Arabica-Bohne
Bei jeder Kaffeebestellung kostenlos dabei: ein Kännchen grüner Tee
Angebaut werden hier, so habe ich gelernt, die Sorten Robusta, Arabica und Mokka. 20 Jahre lang kann vom Kaffeestrauch ein- bis zweimal jährlich geerntet werden. Will man dann, und wer will das nicht, als Kaffeebauer seine Bohnen in Gold aufgewogen sehen, bedient man sich der Veredelung durch wilde Viecher. „Weasel Coffee“ ist das Zauberwort, mit dem sich den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen lässt. Hierzu benötigt man Wiesel, die Kaffeefrüchte fressen uns die Bohnen unverdaut ausscheiden, was angeblich einen aromatischen Zugewinn mit sich bringt. Man weiß es nicht, ich habe eine Tasse Wieselzeug probiert, schmeckte halt wie guter Kaffee. Der meiste überall im Land verkaufte Wieselkaffee dürfte ohnehin keiner sein, Milliarden der kleinen Raubtiere müssten sonst die Gegend bevölkern.

Wieselkaffee-Produzenten bei der Arbeit
Weitere Spezialitäten die ich in der Gegend entdecken durfte sind die Aufzucht und Verarbeitung von Seidenraupen, mit denen sich die kaffeeanbauenden Hochlandbewohner, oft ethnische Minderheiten, ein Zubrot erwirtschaften. Interessant ist außerdem die gewerbliche Zucht von Heuschrecken auf eigenen Farmen zu Verzehrzwecken, kann man machen.

Frisch geröstete Heuschrecken - zum Verzehr geeignet

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