Mittwoch, 19. März 2014

Vietnam-Arkaden

So oder ähnlich würde man das komplette Städtchen Hoin An bei uns wahrscheinlich nennen. Denn es gleicht heute einer Art Shopping-Mall (gepflegt, hübsch gestaltet), allerdings mit etwas eingeschränkter Auswahl. Man stelle sich vor, im ganzen "Centro" zum Beispiel gäbe es nur drei verscheidene Geschäfte, die aber jeweils hundertfach. Langweilig, oder? Aber so ist das hier, es gibt grob drei Kategorien von Läden: Schneidereien, Kunstgalerien und Geschäfte für Souvenirkram aller Art. Die Altstadt ist zwar sehr klein und ihre Häuser ebenso, aber es gibt dennoch sehr sehr viele Läden, da wirklich jedes Haus einen beherbergt. Nun gut, das wusste ich natürlich als in den Plan fasste, in vietnamesische "Heidelberg" zu fahren wie jede Rundreisegruppe, die etwas auf sich hält. Zum Glück sind die meisten Herdenreisenden jedoch nicht in der Altstadt selbst einquartiert, sondern ein paar Kilometer weiter in den feinen Ressorts am zwischenzeitlich erschlossenen Strand. So hat man besonders früh morgens hier völlige Ruhe. Außerdem ist das Städtchen, ebenso wie die Umgebung, wirklich hübsch, doch dazu später dann mehr.

Hierher brachte mich gestern der Nachtzug. Leider hatte ich einen etwas desolaten Zug erwischt, selbst der Heißwasserboiler funktionierte nicht, da hatte sich das mit dem extra besorgtem Tütenkaffee erledigt. Aber recht gut schlafen ließ sich und mit den vietnamesischen Mitreisenden im Abteil war es auch recht lustig.

Morgennebel aus dem Zugfenster
Frühmorgens im Zug

Wo ist denn Frau San Miguel, wenn man sie mal braucht?

Klasse, hier wird der Titel vielleicht länger als der Beitrag. Über das Lac Canh, den Inbegriff vietnamesischer Grilllokale, schrieb ich ja bereits letztes Jahr. Schön, dass es selbst in sich rasant wandelnden Nha Trang noch solche Fixpunkte gibt. Geblieben sind die unnachahmliche Atmosphäre, das leckere Essen und die günstigen Preise, schwer hier mehr als eine Handvoll Euro unter die Leute zu bringen. Weiterhin existent sind auch die Bier-Animationsdamen, die in - für vietnamesische Verhältnisse - gewagten Kleidchen des jeweiligen Produzenten ihr Bier bewerben und Eiswürfel verteilen. So werde ich mehr oder weniger zum San Miguel genötigt. Warum ausgerechnet das seit vielen Jahren in Vietnam lizenziert gebraut wird, man weiß es nicht. Die Eiswürfelbelieferung verlief zuletzt allerdings schleppend, daher der Titel.

Ein Jahr Abwesenheit hat allerlei Veränderungen in Nha Trang mit sich gebracht. Die bisher eher öden Strandabschnitte, wo Einheimische noch in einfachen Bretterbuden ihren Eiskaffe schlürften, sind gewichen. Dafür gibt es jetzt den "Center Park", eine Art Gorki-Park für Erholungsbedürftige inklusive Erlebnisrestaurants, Massagebuden und Riesenrad. Da herzlichen Glückwunsch. Auch die Gegend nördlich des Hafens, bisher ein eher weißer Fleck auf der touristischen Karte, wird zunehmend hergerichtet, insbesondere für Besucher vom Moskau und bis Nowosibirsk, wie die Beschilderung unschwer erkennen lässt. Was Mallorca und manch anderer Flecken den Deutschen, wird die viernamesische Küste den Russen, ein billges Stückchen sonniger Süden. Das ist ja auch in Ordnung, jeder soll seine Küste so verschandeln wie er mag. Hauptsache, es profitieren wenigstens ein paar Einheimische davon, ich hege Zweifel. In einer Strandbar wurde ich schon von russischen Personal begrüßt (auf russisch, versteht sich).

Fielmann mobil
Zuletzt in Nha Trang gesichtet: der Drachenläufer
Bei aller Lästerei, diese Stadt hat immer noch ihre Reize. Der lange Strand und die bergige Umgebung bescheren Nha Trang einfach ein schönes Stück des Planeten. Vietnamesisches Alltagsgeschehen lässt hier ebenfalls noch gut beobachten, sei es in der (zunehmend verschwindenden) Gegend um den Fischerhafen oder auch ganz im Süden hinter dem alten Flughafen. Dorthin fahre ich morgens in der Frühe zu einem der Fischmärkte. Da geht es turbulent und interessant zu und als Ausländer erregt man doch noch eine erhebliche Aufmerksamkeit.

Ruhepause am Rande des Fischmarkts
Fische sortieren
Generationsübergreifend
Noch kurz zur Abteilung Straßenverkehr. Sehenswert war zum Beispiel de runten gezeigte Eislieferant. Das Gefährt wurde erstaunlicher Weise tatsächlich angetrieben von einem rostigen Klumpen, wohl der Motor, seinerseits gespeist aus einer benzinhaltgen Plastikflasche (das Rote im Bild):

Heißes Vehikel für kühle Fracht
Kurze Schauern lassen gerne zur Plastikplane greifen


Samstag, 15. März 2014

Salzige Sache

Also dann, vier Uhr Wecker und los geht es zu den Salzfeldern von Ninh Hoa, etwa 45 Kilometer entfernt. Dort beginnt schon um drei die Arbeit, heißt: Salz in den Salinen zusammenschieben und dann Körbeweise auf große Haufen transportieren. Nicht eben ein Traumjob und die Schufterei bringt gerade mal 100 Euro im Monat ein. 

Rechtzeitig vor Sonnenaufgang treffen wir dort ein und die fotografische Abwechselung scheint nicht unwillkommen. Jedenfalls gibt es ein großes Hallo und alle haben ihren Spass. An Motiven mangelt es nicht, noch dazu im besten Licht, auch wenn der Sonnenaufgang etwas wolkenverhangen ausfällt. Die Menge will mal in Ruhe gesichtet werden, hier eine kleine Auswahl:

Aktivität im Morgengrauen
Salzgeschütte
Frühstückspause

Shit happens

Na, da habe ich wohl gestern Altöl oder ähnliches erwischt, wie mein Magen mir heute morgen mitteilte. Da macht man nichts, außer einen selbstverordneten Ruhetag und dann sollte wieder gehen.

Dabei war das kleine Restaurant, wo gestern abend lecker speiste, im Grunde sehr vertrauenswürdig. Da lecker, gutes Ambiente und unweit meier Unterkunft gelegen, war ich dort drei Abende in Folge. Das bringt natürlich Stammgstestatus mit sich uns gestern wurde ich daher mit kostenlosen Süßspeisen und Tee versorgt. Die drei dort tätigen Mädels - tuschel, kicher - hatten jedenfalls ihre Freude und ich ebenso.

Meine Autofahrt von Dalat durch die Berge zur Küste hatte einige nette Landschaft zu bieten, so war ja auch der Plan. Ziemlich geplättet habe ich das aber nur in Teilen genossen und die Stops unterwegs waren nicht allzu häufig. Angekommen in Nha Trang war erstmal ein erholsamer Mittagsschlaf angesagt. Außerdem fiel mir heute siedend heiß ein, dass ich mein vorgebuchtes und ins Hotel in Saigon geschicktes Eisenbahnticket überhaupt nicht bekommen habe, Mist! Montag abend soll es per Zug anch Danang gehen. Also schnell die Agentur angerufen, ob sich das irgendwie lösen lässt. Es lässt, zum Glück, das Ticket wurde bereits bei meinem ehemaligen Hotel eingesammelt und soll nun am Nachmittag vor der Abfahrt per Express hier eintreffen, hoffen wir mal das beste. Als kurzfristige Alternative wäre schätzungsweise nur eine strapaziöse Busfahrt (12 Stunden...) möglich gewesen. Das muss wohl an meiner frühen Abreise um vier Uhr morgens gelegen haben, man wird scheint's vergesslicher.

Hochland mit Morgennebel
Rong "Hochhaus" wie es eine Bevölkerungsgruppe hier mag

Für morgen habe ich mit meinem Hausherren, dem Fotografen Herrn Bu, bereits eine Tour geplant, die mich zu den in der Nähe liegenden Salzfeldern führen wird. Das ist der eigentliche Grund meines Stops in Nha Trang, ich hatte viele sehr ansprechende Fotos von dort gesehen. Auch dort zählt der frühe Vogel, um 04:30 Uhr ist Aufbruch. Das kommt mir ganz gut zupass, frühes Schlafengehen schadet heute eh nicht.
(Der Text ist wohl von gestern, da wollte das Internet dann nicht mehr)

Donnerstag, 13. März 2014

Hochland

Dalat im zentralen Hochland wurde einst von hitzegeplagten Franzosen erfunden. Der gestresste Kolonialbeamte wollte sich gerne in der klimatisch angenehmen Höhenlage erholen und erbaute das Städtchen inklusive Bahnhof (außer Betrieb) und hübscher Kathedrale. Als großzügige Gegenleistung für Eroberung und Ausbeutung ist ja allgemein üblich, den Wilden wenigstens die wahre Religion zuteil werden zu lassen.

Dalat im Zentrum
Da schwant einem nichts Böses - Tretbootfahren in Dalat
Heute ist vom französischen Dalat nicht mehr allzu viel zu sehen. Die Stadt kommt ohne große Höhepunkte eher beliebig daher. Die angepriesenen Sehenswürdigkeiten, etwa der stillgelegte Bahnhof oder spärliche Wasserfälle im Umland, verzücken allenfalls die einheimischen Touristen, die hier die Mehrheit stellen. Insbesondere als Kulisse für Hochzeitsfotos, die hierzulande in aufwändiger Prozedur vor der eigentlichen Hochzeit angefertigt werden, ist der Ort schwer beliebt.

Heiratswillige im alten Bahnhof
Ansonsten ist Dalat bekannt für Blumen. Die zahllosen in die Landschaft gestreuten Gewächshäuser lassen unschwer erkennen, hier befindet sich das Zentrum für die Aufzucht floraler Dekorationen. Der ausgesprochen häßliche Markt (ein Betonklotz, in den 60ern als Geschenk der USA errichtet) dient dann auch überwiegend als Umschlagplatz von Blumen aller Art, was dann doch hübsch anzusehen ist.

Flower-Power
Berühmt ist das zentrale Hochland außerdem für den Kaffee. Erstaunt las ich, das Vietnam der zweitgrößte Kaffeeproduzent weltweit ist und die Plantagen befinden sich überwiegend hier in der Region. Entsprechend ist der angebotene Kaffee in der Tat sehr schmackhaft und alleine die Straße, in der sich mein Hotel befindet, verfügt über geschätzt dutzende Kaffeeausschankbuden. Mit unseren Hochglanzkaffees oder gar standardisierten Ketten haben diese nichts gemein, es sind in der Tat eher Buden und das leckere Getränk wird in der Regel auf kleinen Plastikhöckerchen genossen. Dazu dröhnen vietnamesische Liebeslieder aus überdimensionierten Lautsprechern und ein Flachbildfernseher ist meist zusätzlich anzutreffen. Ich werde zum Stammgast im Etablissement „007“ schräg gegenüber meiner Herberge, wo man Eiskaffee trinken und dabei Tagelöhnern beim Kartenspiel zuschauen kann.

Kaffeeplantagen
Hier reift die Arabica-Bohne
Bei jeder Kaffeebestellung kostenlos dabei: ein Kännchen grüner Tee
Angebaut werden hier, so habe ich gelernt, die Sorten Robusta, Arabica und Mokka. 20 Jahre lang kann vom Kaffeestrauch ein- bis zweimal jährlich geerntet werden. Will man dann, und wer will das nicht, als Kaffeebauer seine Bohnen in Gold aufgewogen sehen, bedient man sich der Veredelung durch wilde Viecher. „Weasel Coffee“ ist das Zauberwort, mit dem sich den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen lässt. Hierzu benötigt man Wiesel, die Kaffeefrüchte fressen uns die Bohnen unverdaut ausscheiden, was angeblich einen aromatischen Zugewinn mit sich bringt. Man weiß es nicht, ich habe eine Tasse Wieselzeug probiert, schmeckte halt wie guter Kaffee. Der meiste überall im Land verkaufte Wieselkaffee dürfte ohnehin keiner sein, Milliarden der kleinen Raubtiere müssten sonst die Gegend bevölkern.

Wieselkaffee-Produzenten bei der Arbeit
Weitere Spezialitäten die ich in der Gegend entdecken durfte sind die Aufzucht und Verarbeitung von Seidenraupen, mit denen sich die kaffeeanbauenden Hochlandbewohner, oft ethnische Minderheiten, ein Zubrot erwirtschaften. Interessant ist außerdem die gewerbliche Zucht von Heuschrecken auf eigenen Farmen zu Verzehrzwecken, kann man machen.

Frisch geröstete Heuschrecken - zum Verzehr geeignet

Dienstag, 11. März 2014

Verhaltenslehre - Teil 1

Zwar ist es hier keineswegs mit indischen Zuständen vergleichbar, aber es eilen doch regelmäßig Menschen herbei, die nicht benötigtes aufzudrängen trachten im Tausch gegen zahlreich klingende Münze. Die indische Methode, den Blick bei derlei Vorkommnissen auf Unendlich zu fokussieren und seine Umwelt einfach vollständig in Ignoranz versinken zu lassen, ist hier kulturell nicht angezeigt. In dieser Region pflegt man grundsätzlich den eher höflichen Umgang und ist um allseitige Harmonie bestrebt (so zumindest die Legende). Ein höfliches Lächeln gepaart mit einem "nein danke" sollten also nach Möglichkeit abwehrtechnisch investiert werden.
Das fällt nicht immer leicht. Wenn einem etwa ein Tranport vom allgegenwärtigen Motorradfahrer offeriert wird, obwohl man just in diesem Augenblick selbst von einem Motorrad absteigt, möchte man eher verzweifeln, dem derart dämlich Agierenden den Helm vom Kopf nehmen und ihn mit sanften Schlägen auf den Hinterkopf zum Nachdenken anregen. Das wäre vielleicht lustig, gehört sich aber nicht. Ausnahme sind Drogendealer, die darf man schlecht behandeln.
Es gibt gar nicht selten Situationen, in denen ein "nein danke" nicht den gewünschten Erfolg erzielt. Eine gewisse Penetranz bei der mobilen Warenpräsentation scheint merkwürdiger Weise gegen alle Höflichkeitsgebote nicht zu verstoßen. Allerdings sollte man nun nicht das Lächeln ablegen, nicht die Stimme erheben und gar eine Schärfe hinein legen. Das führt automatisch zum Gesichtsverlust, wobei ich nicht in letzter Klarheit zu sagen vermag, für wen der Beteiligten. Im Zweifel für beide. Ein Wundermittel hingegen ist, weiter höflich lächelnd mit sanfter Stimme abzulehnen, dabei allerdings eine Hand in Gesichtshöhe hin und her drehen. Das symbolisiert "laute Stimme", ohne Gesichtsverlustrisiko. Hilft auch das nicht, den Vorgang wiederholen und mit beiden Händen heftige Drehbewegungen ausführen, das ist dann gleichbedeutend mit kultursensiblem Anschreien. Interessanter Weise hilft es, umgehend. Alle wissen Bescheid, keiner verliert irgendwas, klasse Sache.
Nebenwirkungen: bei Sonnebrillenhändlern (während ich selbst eine auf der Nase habe) ist die Versuchung groß, schon präventiv in eine Art Veitstanz zu verfallen.

Montag, 10. März 2014

Veteranen

Schade, dieses mal musste ich in der "Holzklasse" mein Dasein fristen für 12 Stunden, bis mein verspäteter Flug in Ho Chi Minh Stadt anzukommen geruhte. Naja, Luxusprobleme, aber leider auch wenig Schlaf. Ich hatte mich dieses Jahr für ein Visum on Arrival entschieden, was deutlich preiswerter ist und das vorherige Verschicken des Passes erübrigt. Dazu besorgt man sich über eine Reiseagentur in Vietnam per Internet einen Bestätigungsbrief des Immigrationsministeriums, den man dann zusammen mit Formularen, Passbild und frischen Dollarnoten zur Einreise mitbringt. Leider greifen mittlerweile auch diverse Reisegesellschaften auf diese Methode zurück, so dass nach Ankunft mehrerer Flieger ein mächtiges Chaos am Visa-Schalter entsteht.

Ich hatte  ich gesputet, um zügig dort anzukommen vor dem Rest der Mitfliegenden, dummerweise staute sich aber bereits unter anderem eine französische Reisegruppe vor mir. Der Schalter war dann besetzt von einer einzigen höchst genervten Dame, die den Kram entgegennimmt. Etliche hatten das Formular nicht ausgefüllt dabei, mussten dies erstmal tun, Zeitdiebe. Im Hintergrund sitzen dann noch zwei Beamte, die Visa in die Pässe kleben und wahrscheinlich eine Menge Stempel verteilen. Gefühlt alle Jubeljahre kommt dann ein Pass wieder nach vorne und besagte genervte Dame schreit den dazugehörigen Namen ins Mikrofon. Die Aussprache der fremden Namen lässt durchaus Interpretationsspielräume zu, so dass dann meist mehrere durch die Schlange der noch anstehenden Formularabgabewilligen zum Fensterchen drängen, um zu erkunden, ob sie eventuell gemeint sind. Ein Uniformierter verordnet zwar regelmäßig geordnetes Schlangestehen, was allerdings am Gedränge nichts zu ändern vermag. Dem Beamten dürfte auch nicht vertraut sein, dass der durchschnittliche Reisende, wenn er außereuropäischen Boden betritt, dies mitnichten mit asiatischer Gelassenheit tut, sondern mit einem gerüttet Maß an Aufgeregtheit bis hier zur Empörtheit über die Ineffizienz von Einwanderungssystemen der "Dritten Welt", nicht begreifend, dass er diese selbst teils mitverantwortet. Die Prozedur hat also durchaus Unterhaltungswert, lohnt aber kaum den Zeitaufwand für gesparten Taler. Das Gepäck dreht derweil Ehrenrunden auf dem Förderband und der herbeibestellte Abholer muss leider etwas länger auf mich warten. Zum Glück erträgt der dies mit asiatischem Gleichmut und befördert mich zum gewünschten Hotel.

Räuchereien sollen ja vielfach helfen
Dort angekommen stelle ich nur mein Gepäck ab, eingecheckt werden kann erst mittags und meine Verabredung ist auch schon da. Verabredet bin ich nämlich mit einem rauschebarttragenden Vietnamveteranen, gebürtig aus Neuseeland (die haben da seinerzeit auch mitgemischt) und seit etlichen Jahren in Saigon ansässig. Mit dem kam ich in einem Internetforum ins Gespräch, weil er für einen buddhistischen Verein ehrenamtlich tätig ist, der Armenspeisungen organisiert. Also geht er auf dem Motorrad vom touristischen Zentrum der Stadt in die materiell weniger gesegneten Distrikte. Zunächst steuern wir allerdings ein zwischen neu gebauten Appartmenthochhäusern gelegenes Kongresszentrum an, auf dessen Gelände ein Gebäuse dem Mönch mit seinem Verein zur Verfügung gestellt wurde. Dort sind jeden Tag hunderte Freiwillige, darunter viele Studenten, versammelt und bereiten 5 bis 7000 Mahlzeiten zu. Aus Spenden wurde ein neuer riesiger Reiskocher ermöglicht, dann gibt es zig Feuerstellen mit überdimensionieren Woks und Töpfen, in denen wohlduftendes Gemüse und Suppe köcheln. Im Garten wird der weil Grünzeug geschnippelt was das Zeug hält. Gekocht wird rein vegetarisch, wenn buddhistische Mönche das ganze organisieren eine Selbstverständlichkeit.

Mit einem Kleinlaster und zahllosen Motorrädern werden dann Essenspackte in die ganze Stadt verteilt. In die hier überall üblichen take-away-Boxen protionsweise verpackt, dazu kleine Beutel mit Suppe, wird alles verladen. Wir, das heisst "Dirty Pierre", seine Frau und ich, schaffen schätzungsweise die Mitnahme von 80 Portionen auf den beiden Motorrädern, gemessen an vietnamesischen Ladekünsten sind wir natürlich blutige Amateure. Damit fahren wir in den Distrikt 8, der zu den ärmsten der Stadt zählt. Wir steuern eine Gegend an, in der überwiegend Müllsammler hausen, wir schnell zu erkennen ist. Diese bekommen zwar einen kargen Lohn von den Behörden, da sie so eine Art offizielle Müllabfuhr sind, der reicht aber nicht wirklich zum Leben. Als nächstes besuchen wir ein Altenheim, überwiegend für alleinstehende und mittellose Künstler. Sogar ein ehemaliger Fernsehstar lebt hier, alles andere als reich geworden. Das Gebäude aus der Kolonialzeit wurde gestiftet und liegt in einer ruhigen Gasse rund um einen schönen Garten, jeder bewohnt ein kleines Zimmer. Die Rente reicht aber nicht, so dass auch hier die regelmäßige Verpflegung sehr willkommen ist. Serviceleistungen oder gar medizinische Leistungen und Pflege gibt es hier im Altenheim nicht. Auch in den Krankenhäusern wird man übrigens nicht verpflegt, entweder kochen Angehörige oder man muss dies zusätzlich einkaufen, wenn man es sich leisten kann.

So gewinne ich wieder einige Eindrücke von dieser Stadt abseits der Sehenswürdigkeiten. Gespendetes Essen zur Linderung von Systemversagen, immer fragwürdig, aber hier sicher eher zu akzeptieren als in unseren Breiten, wo die "Tafeln" sich explosionsartig vermehrt haben.

Den Rest des Tages werde ich von Pierre noch herumgefahren mit dem Motorrad und sehe viele Ecken der Stadt, in die man sonst nicht unbedingt kommt. Dazu gibt es gute Straßenküche abseits des Tourismus, sei der populärste Hähnchengriller im Distrikt 7, der sein Geflügel mit allerlei Gewürzen und Honig mariniert frisch auf die Kohlen wirft, oder Süßspeisen an der Straßenecke. Dort probiere ich unter anderem einen leckeren, undefinierbaren Brei auf Basis von Kokosnuss, Bananen und Bohnen, da muss man erst mal drauf kommen. Der Tag war jedenfalls ein klasse Einstieg in Vietnam und eine gewisse Müdigkeit lässt mich zeitig Schlafen gehen.

Treffpunkt Cholon

Tag zwei in Saigon verläuft unspektakulär, ich übe mich in Müßiggang. Mit dem Bus fahre ich nach Cholon, "Chinatown", und spatiere dort ein wenig herum. Die feuchte Hitze - immerhin 34° - bedarf es einmal der Gewöhnung und macht etwas träge. Aber Erholung steht auch auf dem Programm, so lässt sich in Ruhe de rein oder andere leckere Eiskaffee trinken und das ewige Gewusel der Stadt betrachten. Morgen, besser: heute Nacht, geht es dann weiter ins Hochland, das kenne ich noch nicht und dort wird es zweifellos einiges zu Unternehmen geben. Bilder folgen hier vielleicht später, die Internetverbindung hat hier gerade ihre Launen. Jetzt ist später: neben der Hardware ist auch der Mensch nicht in Form, brauchbare Ergebnisse der Herumfahrerei sind spontan nicht lieferbar und was mit den Videos los ist werde ich dann später mal herausfinden.

Letzte Meldung: Amerika gewinnt Krieg doch noch! Endlich dürfen auch die Vietnamesen den hier filialmäßig im Bau befindlichen Fastfoodkonzern genießen. Mahlzeit!