Freitag, 22. Februar 2013

Mekong

Der Mekong ist einer der mächtigsten Ströme Asiens und Lebensader für die sechs Länder, die er durchfließt. Südlich von Saigon bilden acht Arme des Flusses eines der größten Mündungsdeltas der Welt. Das Mekongdelta ist eine riesige Wasserlandschaft, außerdem Obstgarten und Reiskammer des Südens. Für mich ist es Pflichtprogramm und ich buche eine zweitägige Tour bei einem der zahlreichen Anbieter, die alle mehr oder weniger das selbe im Programm haben und mit erschwinglichen Preisen aufwarten. Früher sprach man auch von Kaffeefahrten.

Bei der Abfahrt gestaltet sich die Organisation zunächst als schwierig. Die Teilnehmer von Ein-, Zwei- oder Dreitagestouren, eventuell mit Weiterfahrt nach Kambodscha, müssen auf Busse verteilt werden und es wird eine Art "Reise nach Jerusalem" geboten. Diese setzt sich an der ersten Raststätte fort, bis dann wohl jeder da ist, wo er hin gehört. Mit einer bunten Truppe von 18 Erkundungswilligen geht es drei Stunden per Bus bis zur ersten großen Stadt im Delta. Da wird, wie es sich gehört, auf ein Boot umgestiegen und die Entdeckung der Flusslandschaften kann beginnen.

Ab auf's Boot
Der Großteil des Lebens findet hier auf den Flussarmen und zahllosen Kanälen statt, der Transport erfolgt auch überwiegend auf den Wasserwegen. Allerlei lokales Handwerk gibt es unterwegs zu sehen, von der Kokosbonbon-Herstellung über Obstplantagen bis zum Imker, der wohlschmeckenden Honigtee serviert.

Der Bienenflüsterer und seine fleißigen Viecher
Wo viel Wasser ist, wird gerne gerudert
Um eine paar schmalere Kanäle zu durchqueren, wird vom Motor- auf das Ruderboot umgestiegen. Naja, das Motoboot fährt letztlich die selbe Strecke, es geht hier wohl mehr um den "Event" Ruderboot. Zwar ist es überwiegend wolkig-dunstig, aber auf dieser Etappe brennt sie Sonne mächtig und man ist froh, dass Stohhüte für die zu Rudernden bereit gestellt werden.

Am Nachmittag sind noch 45 Kilometer bis Can Tho, der Hauptstadt des Deltas, zurückzulegen. Dies geht optional gegen Aufpreis per Boot, regulär mit dem Bus. Bei meinem letzten Besuch gehörte die Bootsfahrt noch zum Standard und ist der wohl lohnendste Abschnitt der Tour. Ich umwerbe entsprechend zahlreiche Mitreisende, damit eine ausreichende Anzahl zusammen kommt. Einige setzen sich lieber für eine Stunde in den Bus, schwer verständlich. Wenn man etwas vom Leben im Delta sehen will, muss man auf's Wasser! Zum Glück sehen das auch andere so und mit der Mehrzahl starten wir zu dreieinhalb Stunden weiterer Bootsfahrt.

Bridge over silent water
Ein bequemes Boot und immer neuer Ausblick, was will man mehr. Ich hätte auch das doppelte dafür gezahlt. Zwischendurch frage ich mich allerdings, welche Eindrücke die "Generation facebook" mitnimmt von diesem Ausflug. Die Blicke verweilen länger auf dem Ei-Phone als in der Umgebung, offenbar gibt es dort mehr zu entdecken. Die digitale Kommunikation verunmöglicht gleichzeitig die Interaktion mit den real anwesenden Menschen - mit einander sprechen, gar mit Fremden? Bäh! Ich möchte ja nicht moralisieren und bin durchaus technikafin, mir erschließt sich nur nicht, was es da alles wichtiges mitzuteilen gibt, wo man doch das wirkliche Erleben gerade verpasst. Und am besten durch Musikzuspielung per Kopfhörer noch weitere Sinne dabei ausschaltet. Man könnte jetzt kontern, dass ich die Welt auch nur durch den Sucher wahrnehme. Aber das lasse ich nicht gelten. Wer ernsthaft fotografiert, schärft den Blick und ist immer wach, immer auf der Suche nach den Details, so sehe ich das. Doch genug davon, zurück zum Mekong (da ich gerade auf einer Terrasse im verregneten Nha Trang sitze, kann ich mir solche Ausschweifungen leisten, heute habe ich dafür Zeit).

Wo man auch längs kommt, großes Gewinke
 Ein wenig ist hier im Delta die Zeit stehen geblieben. Noch immer rennen die Kinder zum Ufer, freudig winkend, wenn sie das Touristenboot entdecken. Es ist ja nicht so, als kämen hier nie Europäer vorüber, aber offenbar hält sich das noch in Grenzen. Wir passieren jedenfalls winkendes Volk am laufenden Band, man wird schon fast des Zurückwinkens müde, freut sich aber natürlich über die nette Geste. Zum Glück haben andere Anbieter diesen Abschnitt per Boot nicht im Programm und wir können hier noch gebührend Aufsehen erregen.


Irgendwann geht sogar die Sonne unter und wir erreichen Can Tho. Dort wird übernachtet und am nächsten Morgen öffnen direkt vor dem Hotel die Stände eines Baumarktes, "Praktiker" verteilt auf duzende Marktbuden. Ich betrachte dies beim morgentlichen Eiskaffee vom Händler an der Ecke und entdecke das ein oder andere interessante. Zum Beispiel Munitionskisten aus dem Krieg, die hier als Werkzeugkasten feilgeboten werden. Im Vietnamkrieg wurden derartige Unmengen an Material eingesetzt, dass auch vierzig Jahre danach noch ausreichend davon vorhanden ist. Aber zu dem Thema vielleicht später noch mehr.

7.62 mm
Während ich mich auf dem Markt herumtreibe, ergeben sich außerdem ein paar nette Gespräche mit interessierten Einheimischen.

Auch mit 90 noch am Puls des Weltgeschehens
Nicht fehlen darf natürlich der Besuch des größten schwimmenden Marktes im Delta am frühen Morgen. Auch wenn das Touristenaufkommen hier erheblich ist, der Merkt lohnt auf jeden Fall. Hier wird die Ernte der Gegend von Boot zu Boot gehandelt und auf die lokalen Märkte in den Dörfern weiter verschifft. Das ist schön anzuschauen und strahlt bei allem Trubel dennoch große Gelassenheit aus.

Auf Zuruf Zuwurf: Gemüsehandel
"Fang die Ananas" gehört zu den beliebten Disziplinen auf schwimmenden Märkten
Der Bilder und Geschichten gäbe es noch viele, doch so langsam muss ich mal zum Ende kommen. Nicht unerwähnt bleiben soll noch der Reis, das Grundnahrungsmittel schlechthin, hier angebaut und weiter verarbeitet. Unter anderem zum Beispiel zu Reispapier. Das mag der Vietnamese gerne, da kann man allerlei leckeres drin einwickeln und kann bestätigen, diese Version der Frühlingsrolle kann was. Auch Bonbons werden in dünnes Reispapier gewickelt, sehr praktisch, mit essbarer Verpackung. Die Herstellung des Reispapiers bedarf der Handarbeit und überall im Mekongdelta sieht man die Bambusgestelle, auf denen das runde Papier getrocknet wird.

Geübte Hände bei der Reispapierherstellung
Die Lufttrockung erfolgt dann mehr oder weniger von selbst
Die Rückfahrt nach Saigon dauert eine halbe Stunde länger als geplant. Nach kurzer Zeit versagt die Klimanlage im Mercedes-Bus, was angesichts der schülen Hitze nicht zu tolerieren ist. Der findige Busfahrer bringt das ganze mit Hilfe von einen Stück Kabel und zwei rostigen Scheren schließlich wieder ans Laufen, Mac Gyver wird daneben blaß. Während der Gute bastelt, erscheinen aus dem nichts - wir stehen neben einem öden Acker im Nirgendwo - fliegende Händler mit Eiskaffee, wunderbares Asien.

Fahrer mit eingebauter Mercedeswerkstatt
Gut, wenn Spezialwerkzeug an Bord ist



4 Kommentare:

  1. Hallo Peter,

    Mekong Delta ist auch der Name einer Metal Band, die seit Ende der 80er Jahre von einer Gemeinde von Thrash und Progressive Metal Anhängern gefeiert wird. Darauf hätte ich Dich natürlich vor Deiner Reise aufmerksam machen müssen, aber beim nächsten Mal kannst Du Dich mit passender Beschallung ausstatten.

    Bitte achte doch auch etwas auf die Qualität der Radwege - wer weiß zu welchen Ufern ich im kommenden Jahr mit dem Rad aufbrechen möchte.

    In Köln hat es gestern wieder geschneit - aber die weiße Pracht wird hoffentlich bald dem Frühling Platz machen.

    Herzliche Grüße an den Mekong - and greetings to Tiger & Condor, if present!
    never

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    1. Da hab ich einen Link für Dich:
      http://www.youtube.com/watch?v=4w90MBg7JoA

      Kopfhörer auf und rauf auf's Boot!

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  2. Radwege? Er beliebt zu scherzen. Radfahrer sieht man hierzulande in erster Linie als Opfer, die für ihr Überleben selbst Sorge tragen müssen.

    Hier hat's gestern ganztägig geregnet, aber wenigstens bei knapp 30° ;)

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  3. Hi Peter,

    heute hat es in Aachen ca. 15cm Schnee gegeben. Unglaublich, wenn man Deine Bilder sieht. Wie immer sehr schöne Bilder!
    Joerg

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