Dienstag, 13. September 2011

Der New Yorker an sich

Noch ein paar Eindrücke nach meinem heutigen gefühlten Halbmarathon. Wenn ich das gewollt hätte - den ganzen Tag Herumlaufen mit einen schweren Sack auf dem Rücken - hätte ich eigentlich gleich zur Bundeswehr gehen können. Ja, die Stadt ist im wahrsten Sinne weit-läufig. Trotz vorschnell erworbener Wochenkarte habe ich die U-Bahn erst einmal benutzt, aber das kommt schon noch.


Früher Fotograf fängt nicht den Wurm, sondern den Dunst. Die Idee, früh morgens das Empire-State-Building zu besuchen, war mäßig gut. Die Lichtverhältnisse waren, sagen wir mal, interessant. Mit dem Licht ist es hier aber ohnehin so eine Sache. Bis man von der Sonne etwas sieht, ist sie schon zu grell, die Straßen sind sowieso nur zeitweise etwas ausgeleuchtet und sonst im Schatten, meist passt es genau nicht. Hier zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein, ist höchst problematisch. Zumal man ja nicht den ganzen Tag Zeit hat, auf das richtige Licht zu warten. Mal sehen, was so daraus wird in den nächsten Tagen.

Wenigstens hat das ESB einen ganz gepflegten Eingangsbereich:


Was heute noch alles auffiel ... Die Stadt ist definitiv mehr als teurer. Selbst Fastfood in Form pappiger Pizzastücke ist nicht gerade geschenkt zu bekommen. Ein Bier, welches ich heute in Nähe der Grand Central Station im Straßencafé trank (draußen, Alkohol! Und man durfte dort Rauchen!!) wurde im Plastikbecher (!) serviert und schlug inklusive Steuer und Trinkgeld mit schlappen neun Dollar (!!) zu Buche. Wenn das mal nicht deutlich gewagter ist als Kölner Becherpreise zu Rosenmontag. Der frisch zubereitete Ananas-Papaya-Petersilie (!) - Saft, mit dem ich später die Lebensgeister reanimieren wollte, war wengistens schon für fünf Dollar mein eigen. Und jetzt hocke ich schon wieder bei Starbucks und trinke überteuerten Eiskaffee. Aber was für den Laden spricht ist das W-Lan, außerdem haben die über 600 Filialen in Manhatten, also quasi sind sie unausweichlich.

Der New Yorker an sich ist ein angenehmer Zeitgenosse. DEs öfteren wird man unverhofft vermeindlich ruppig angeraunzt, was aber nur an der hier typischen Betonung der englischartigen Sprache liegt. Man wird gar nicht zurechtgewiesen, sondern zu einem unverbindlichen Smalltalk eingeladen, erzählt sich kurz dies und das und verabschiedet sich, nicht ohne sich gegenseitig einen schönen Tag, eine gelungene Woche und auch sonst alles Gute gewünscht zu haben. Das soll nicht verächtlich klingen, nein, im Gegenteil. Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit sind eine Zierde, die hier so mancher mit sich trägt. Da sist sehr angenehm. Auch angenehm ist das gute Benehmen, gegenseitige Rücksichtnahme ist häufig zu beobachten und wenn sich irgend wer vordrängelt, ist das mit großer Sicherheit ein Tourist. New Yorker scheinen das nicht zu tun, sie lassen dann eher den Vortritt, halten die Tür auf und "have a nice day". Ich will nicht übertreiben, aber von all der Heltik, der sprichwörtlichen Arroganz und Unfreundlichkeit der New Yorker finde ich ich bisher kaum Spuren.


"You must answer to get help!" (sagte der Beamte der Notrufzentrale bedauernd zum dahinscheidenden Verbrechensopfer)
Übrigens war ich heute Einkaufen ("man" fährt schließlich zum Shoppen nach NY). Das Mekka aller Fotografen heißt "Adorama", wo es alles zu (für uns) kleinen Preisen gibt. Ich hatt einen Mega-Store erwartet, wie das neudeutsch heißt, landete aber in einem verwinkelten kleinen Lädchen. Man hat da wirklich so ziemlich alles, aber nicht in dem Lädchen, sondern im (wahrscheinlich riesigen, mehrgeschossigen) Keller. Dort suchen irgendwelche hilfswilligen Maulwürfe das Gewünschte und durch Löcher im Fußboden landet das ganze irgendwann zu Füßen des Verkäufers. Interessante Art der Lagerhaltung, man lernt nicht aus. Aus dem Kellerloch emporgeschleudert wurde auch das von mir begehrte Fisheye-Objektiv (für Laien: ein Superweitwinkel mit Rundumblick), jetzt ist's meins.

Damit kann man zum Beispiel einfach mal aus dem Hotelfenster knipsen:


Übrigens: wenn man an den Preisen hier verzweifelt, gibt es eine Lösung. Nein, nicht die Wall-Street, viel einfacher: man wird Parkplatzvermieter. Was es nämlich weit weniger gibt als Starbucks-Filialen, sind Parkplätze. Wenn maneinen findet, wird dort hochgestapelt was das Zeug hält, in der Fläche ist schließlich kein Platz. Der Parkplatz auf dem Bild unten hatte ein Sonderangebot feilgeboten: eine Stunde, die Steuer mitgerechnet, für nur 13 Dollar. Alles klar, oder?


Wenn man einen solchen Parkplatz besitzt, ist man frei von Sorgen und kann sich anderen Verschrobenheiten hingeben, vermute ich. Als ich gestern eine Pizza aß, kam ein Spaziergänger längs, der eine Katze auf dem Kopf sitzen hatte. Dauerhaft, ich sah ihn später noch einmal. Was lehrt uns das: auch abends nicht ohne Kamera das Haus verlassen, das glaubt doch sonst kein Mensch. 

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